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Der Iran und sein Atomprogramm

Der Iran und sein Atomprogramm

Die Fähe


Der Iran ist ein nuklearer Schwellenstaat. Obwohl nicht bekannt ist, dass er Atomwaffen besitzt, verfügt er über die für den Bau von Atomsprengköpfen erforderlichen Technologien, hat in der Vergangenheit Anstrengungen unternommen diese zu entwickeln und verfügt über einen Vorrat an hochangereichertem Uran, der groß genug ist, um mehrere Waffen mit minimaler weiterer Anreicherung zu betreiben. Der Iran hat lange Zeit behauptet, sein Atomprogramm sei gutartig und durch seine Mitgliedschaft als Nichtkernwaffenstaat im Atomwaffensperrvertrag (NVV, Nuklearer Nichtverbreitungsvertrag, auf Englisch „Treaty on the Non-Proliferation of Nuclear Weapons", kurz Non-Proliferation Treaty oder abgekürzt NPT), der seinen Mitgliedern das Recht garantiert, "Kernenergie für friedliche Zwecke zu entwickeln", genehmigt. Der Iran hat jedoch jahrzehntelang im Geheimen an der Kernenergie gearbeitet und damit gegen seine Verpflichtungen aus dem NVV verstoßen.

Diese Aktivitäten reichen bis in die späten 1980er Jahre zurück, als der Iran ein geheimes Urananreicherungsprogramm startete und Schlüsselausrüstung und -material aus Pakistan und China importierte. In den späten 1990er und frühen 2000er Jahren betrieb der Iran ein geheimes Projekt zur Entwicklung und Erprobung von Atomwaffen, den so genannten Amad-Plan. Seit der Entdeckung dieser Arbeiten war der Iran gegenüber der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA, International Atomic Energy Agency) , dem Gremium der Vereinten Nationen, das die Einhaltung des Atomwaffensperrvertrags überwachen soll, nicht völlig transparent.

Ab 2002 führten Enthüllungen im Zusammenhang mit diesen Projekten zu jahrelangen diplomatischen Bemühungen und Druck, um das Atomprogramm einzudämmen, während der Iran offen große Bestände an angereichertem Uran anhäufte. Diese diplomatischen Bemühungen und Sanktionen erreichten 2015 ihren Höhepunkt, als der Iran und sechs Weltmächte (China, Frankreich, Russland, Großbritannien, USA und Deutschland) den gemeinsamen umfassenden Aktionsplan (Joint Comprehensive Plan of Action, JCPOA) beschlossen. Ziel des Abkommens war es, die nuklearen Aktivitäten des Irans einzuschränken und die Transparenz zu erhöhen, indem der Umfang der Überwachung durch die Atomenergiebehörde in Wien erweitert wurde. Im Jahr 2018 zogen sich die Vereinigten Staaten jedoch aus dem Abkommen zurück, und ein Jahr später begann der Iran, seine Verpflichtungen immer weniger einzuhalten. Im Jahr 2020 kündigte der Iran an, dass er die im Abkommen festgelegten Grenzwerte nicht mehr einhalten werde. Die seither erzielten Fortschritte haben den Iran an die nukleare Schwelle gebracht, an der er sich heute befindet.

Bevor wir uns dem aktuellen Stand des Iranischen Atomprogramms etwas genauer widmen, vorweg zum besseren Verständnis eine technische Erklärung wie Urananreicherung funktioniert und was die einzelnen Stufen sind. Hierbei handelt es sich dabei um ein sehr komplexes Verfahren.

Uran ist ein Metall, silbrig glänzend und sehr schwer - sein spezifisches Gewicht ist 2,5mal so groß wie das von Stahl. Im Periodensystem der Elemente findet man Uran (U) bei der Ordnungszahl 92. In seinem Atomkern befinden sich also 92 Protonen. In der Natur kommt Uran zu 99,3 Prozent in Form des Isotops U-238 vor. Die Zahl 238 gibt die Summe der Protonen und Neutronen im Atomkern an. U-238 enthält also 146 Neutronen. 0,7 Prozent des natürlich vorkommenden Urans sind U-235 mit 143 Neutronen im Atomkern. Sowohl U-238 als auch U-235 sind radioaktiv, besitzen jedoch extrem lange Halbwertszeiten. Beim U-238 ist die Hälfte einer gegebenen Menge nach 4,5 Milliarden Jahren zerfallen. Beim U-235 dauert das 704 Millionen Jahre. Sowohl zum Betreiben von Kernkraftwerken als auch für den Bau von Atombomben benötigt man U-235, jedoch nicht in seiner reinen Form.

Das Uran in den Brennstäben eines Kernreaktors enthält meist zwischen drei und fünf Prozent U-235. Für den Bau einer Atombombe benötigt man indes Uran mit mindestens 90 Prozent U-235. Unter Anreichern verstehen Physiker das Erhöhen der Konzentration von U-235. Dabei bleibt andererseits Uran übrig, das noch weniger U-235 enthält als natürliches Uran.

Uran mit weniger als 0,3 Prozent U-235 wird als abgereichertes Uran bezeichnet. Es kommt als Trimmgewicht in Flugzeugtragflächen zum Einsatz. Zum Anreichern von Uran kommen zwei Methoden zum Einsatz: das Diffusions- und das Zentrifugalverfahren. In beiden Fällen wird das Uran zunächst einmal „in ein Gas verwandelt", indem man es mit Fluor (F) zu Uranhexafluorid (UF6) reagieren lässt. Das UF6 mit dem U-235 ist nun ein wenig leichter als jenes mit U-238. In einer schnellen Zentrifuge mit bis zu 700 Meter pro Sekunde Rotationsgeschwindigkeit fliegt das schwerere Molekül stärker nach außen als das leichtere. So kommt es zu einer Entmischung, die aber nur sehr schwach ausgeprägt ist, so dass der Verfahrensschritt sehr oft wiederholt werden muss.

Beim Diffusionsverfahren basiert die Trennung darauf, dass das leichtere Molekül schneller durch eine für UF6 durchlässige Membran diffundiert. Auch hier ist die Ausbeute gering. Es sind viele Verfahrensschritte notwendig. Uran mit zwei Prozent U-235 ist bereits „angereichertes Uran". Doch bis man daraus eine waffentaugliche Anreicherung von 90 Prozent erreicht, ist es noch ein weiter Weg. Die ersten Schritte der Anreicherung, die ersten Prozent zu erreichen, sind die aufwendigsten und schwierigsten. Es bedarf deutlich mehr Aufwandes um die ersten 20-30% der Anreicherung zu erreichen, als von 30 auf 60% zu kommen. Der Schritt von 60 auf 90% ist nochmals ein Stück einfacher. Wobei der Begriff „einfach" hier relativ zu verstehen ist. Wenn ein Land somit einmal einen Anreicherungsgrad von 60% erreicht hat, ist davon auszugehen, daß es auch die 90% erreichen kann, die notwendig sind um eine Atomwaffe herzustellen.

Dies ist allerdings nicht die einzige Schwierigkeit, bei dem Bau einer solchen Waffe. Denn das nukleare Material ist nur das Innenleben einer Atombombe. Ebenfalls von großer Bedeutung ist die Hülle. Den diese muß derart gestaltet sein, daß sie das Kernmaterial sowohl hält als auch eine Detonation ermöglicht. Dies macht eine solche Waffe besonders kompliziert. Man nennt es eine Implosionsvorrichtung. Der Kern muß so sehr unter Druck geraten, daß es zu einer Spaltung kommt. Um sicher zu stellen, daß dies passiert muß eine Explosion um den Kern herum stattfinden und zwar gleichmäßig. Das bedeutet, man muß auf allen Seiten eine gleichstarke Komprimierung erreichen um einen maximalen Effekt erzielen zu können. Man kann es sich ein wenig, wie einen Fussball mit einem Kern vorstellen, auf den von allen Seiten gleichmäßig viel Druck ausgeübt werden muß. Nur dann kann es zu der gewünschten Kettenreaktion kommen. Man spricht von einer Sprengstofflinse, einer hochspezialisierten Sprengladung. Im Allgemeinen handelt es sich um eine Vorrichtung, die aus mehreren Sprengladungen besteht. Diese Ladungen sind so angeordnet und geformt, dass sie die Form der sie durchlaufenden Detonationswelle steuern. Die Sprenglinse ist konzeptionell mit einer optischen Linse vergleichbar, die Lichtwellen bündelt. Es handelt sich dabei um eine „Kernspaltungswaffe" (Fission weapon), wie sie auch in Hiroshima verwendet wurde.


Alternativ gibt es auch die Fusionswaffe (Fusion weapon), sie wird im Allgemeinen als thermonukleare Waffe oder umgangssprachlich als Wasserstoffbombe (abgekürzt: H-Bomben) bezeichnet, da sie auf Fusionsreaktionen zwischen Wasserstoffisotopen beruht. Alle diese Waffen beziehen einen erheblichen Teil ihrer Energie aus Spaltungsreaktionen, die zur "Auslösung" von Fusionsreaktionen verwendet werden, und Fusionsreaktionen können ihrerseits weitere Spaltungsreaktionen auslösen.


Die Erhöhung der iranischen Produktion von auf 60 Prozent angereichertem Uran und die damit verbundene wachsende Fähigkeit zur Herstellung von Atomwaffen gab nun Anlass zur Kritik und öffentlichen Verurteilung, zuletzt in einer gemeinsamen Erklärung der Vereinigten Staaten und ihrer engen europäischen Verbündeten vom 28. Dezember 2023.

Dieser Anreicherungsgrad lag auch den iranischen Atomwaffenplänen zugrunde, die während des iranischen Atomwaffenprogramms Anfang der 2000er Jahre unter dem Codenamen des bereits zuvor erwähnten Amad-Plans fast bis zur Perfektion entwickelt worden war. Dieses Programm wurde im Jahr 2003 eingestellt und durch ein kleineres, breiter angelegtes Atomwaffenprogramm ersetzt, wobei die Entscheidung über die Herstellung von Atomwaffen verschoben wurde.

Der Iran verfügt somit offensichtlich bereits über das Wissen zum Bau von Nuklearwaffen, auch wenn es noch einige ungelöste Aufgaben im Zusammenhang mit dem tatsächlichen Vollendung dieser Waffen gibt, laut David Albright, Sarah Burkhard, Spencer Faragasso und Andrea Stricker vom Institute for Science and international Security.

Der größte Teil des Weges ist zumindest weitestgehend abgeschlossen. Der Iran kann schnell genug waffenfähiges Uran für viele Atomwaffen herstellen, was 2003 nicht möglich war. Heute würde er nur etwa eine Woche benötigen, um genug Uran für seine erste Atomwaffe zu entwickeln. In einem Monat könnte er genug waffentaugliches Uran für sechs Waffen herstellen, und nach fünf Monaten könnte er genug waffentaugliches Uran für zwölf Waffen herstellen.

Die anderen wichtigen Säulen sind die "nukleare Bewaffnung" und die "nukleare Versorgung". Der Iran verfügt über eine Vielzahl von Trägersystemen, darunter auch atomwaffenfähige Raketen: die Säulen, die das System tragen, stehen somit.

Die Bewaffnung ist allerdings ein Aspekt, an dem noch gearbeitet werden muss. Dazu gehören, unter anderem die zuvor besprochenen, Aspekte wie theoretische Berechnungen und Simulationen, die Entwicklung, Erprobung und der Bau der anderen Komponenten der Kernwaffe, die Umwandlung von waffenfähigem Uran in metallische Komponenten, die Integration aller Komponenten in eine Kernwaffe und die Vorbereitung für die Montage der Waffen in Flugzeugen oder Raketen oder für den Einsatz in einem groß angelegten unterirdischen Test. Dazu gehören die Beherrschung des Auslösesystems für Hochexplosivstoffe, das Formen und Bearbeiten von Hochexplosivstoffen und der Bau eines Neutroneninitiators, der die Kettenreaktion im richtigen Moment auslöst, um eine Nuklearexplosion zu erzeugen.

Der Iran verfügt über mehrere Möglichkeiten, seine Anforderungen an die Bewaffnung zu erfüllen und Kernwaffen zu bauen. Die beiden bekanntesten Wege sind (1) eine beschleunigte Anstrengung, um einige einfache Kernwaffen zu bauen oder wiederherzustellen, oder (2) die Fertigstellung seines früheren Amad-Kernwaffenprogramms mit der Fähigkeit, jährlich viele Sprengköpfe in Serie zu produzieren, die für den Einsatz von ballistischen Raketen geeignet sind.

Der zweite Weg birgt einige bemerkenswerte Herausforderungen. Er würde erfordern, dass der Iran über einen längeren Zeitraum - nach den meisten Einschätzungen einige Jahre - die Geheimhaltung aufrechterhält, während er eine Reihe von Produktionsanlagen wieder aufbaut, die Sprengköpfe für ballistische Raketen in Serie herstellen können. Dies stellt für den Iran ein Risiko dar, da eine frühzeitige Entdeckung zu einer scharfen internationalen Reaktion führen könnte und Israel, die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten genügend Zeit hätten, eine gemeinsame Reaktion zu organisieren.

Das beschleunigte Programm kann innerhalb von sechs Monaten durchgeführt werden und würde Aktivitäten umfassen, die in weitaus kleineren, besser zu verbergenden Anlagen stattfinden. Auf diese Weise kann sich der Iran mit größerer Sicherheit als Kernwaffenmacht etablieren, während der internationalen Gemeinschaft nur wenig Zeit für eine Reaktion bleibt. Dies ist auch der Weg, der von anderen Programmen beschritten wurde, wie z.B. dem erfolgreichen Versuch Pakistans in den frühen 1980er Jahren und dem des Irak im Jahr 1990, wobei letzteres durch einen Krieg vereitelt wurde. Nach seiner Invasion in Kuwait im Jahr 1990 ordnete Saddam Hussein ein beschleunigtes Kernwaffenprogramm an. Dieses Programm, das bei weitem nicht so weit fortgeschritten war wie das iranische, entwickelte sich stetig weiter, bis die alliierten Bombenangriffe im Januar 1991 es beendeten. Übrigens ohne, dass die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten davon wussten.

Wie schnell könnte der Iran diese Fähigkeit erlangen?

Während der größte Teil der Arbeiten zur Herstellung einer einfachen Kernwaffe bereits abgeschlossen ist, wie z.B. die Herstellung eines hochexplosiven Auslösepakets, eines akzeptablen Neutroneninitiators und hochexplosiver Komponenten, verbleiben wahrscheinlich noch einige wichtige, noch nicht fertiggestellte Aufgaben. Ein wichtiger Schritt könnte ein "kalter Test" sein, ein abschließender Demonstrationstest der kompletten Kernwaffe, bei dem das waffenfähige Uran im Kern durch ein Surrogatmaterial ersetzt wird. Der Iran bereitete einen solchen Test am Ende des Amad-Plans im Jahr 2003 vor, hat ihn dann aber nicht durchgeführt. Möglicherweise möchte der Iran auch seinen Neutroneninitiator weiter entwickeln. Diese Aufgaben könnten jedoch innerhalb weniger Monate abgeschlossen werden. Ein Großteil der Arbeiten an der Bewaffnung könnte unter strengster Geheimhaltung durchgeführt werden, wobei bestehende oder umgenutzte Militäreinrichtungen oder versteckte, möglicherweise unterirdisch gelegene Ausrüstungen und Materialien verwendet würden.

Westliche Nachrichtendienste werden den Beginn der iranischen Bemühungen um eine atomare Bewaffnung möglicherweise nicht erkennen. Angesichts der Komplexität und der Konflikte im Nahen Osten sind die westlichen Nachrichtendienste, einschließlich Israels, bis an ihre Grenzen belastet. Die Anfänge einer stillen, unauffälligen Bemühung um den Bau von Atomwaffen könnten unbemerkt bleiben.

Das bedeutet, dass der Iran zwar eine sechsmonatige Frist hat, die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten aber möglicherweise innerhalb eines deutlich kürzeren Zeitraumes reagieren müssten. Da der Iran sehr kurze Fertigstellungsfrist für die Herstellung von waffenfähigem Uran erreicht hat, könnte er bis zum vierten Monat der sechsmonatigen Frist warten, um sein angereichertes Uran aus der Überwachung der Internationalen Atomenergiebehörde abzuzweigen, ein Schritt, der von den Inspektoren wahrscheinlich entdeckt würde. Allerdings kann der Iran die Entdeckung der Abzweigung um einige Wochen verzögern, indem er den Inspektoren den Zugang zu den gesicherten Anlagen verweigert, in denen das angereicherte Uran gelagert wird und in denen sich die Zentrifugen befinden, mit denen das angereicherte Uran auf Waffenqualität gebracht werden soll. Oder indem er fälschlicherweise einen Brand, einen Unfall oder einen Sicherheitsvorfall angibt. Dies hat zur Folge, dass den Geheimdiensten statt einer sechsmonatigen Warnung möglicherweise weniger als zwei Monate Zeit bleiben, um zu reagieren.

Wie sind diese Aspekte in der Praxis zu beurteilen?

Bisher denkt man im Fall des iranischen Atomprogrammes zuallererst an die mögliche Reaktion der USA und Israels. Doch wie stehen Länder zu dem Thema, die man als befreundete Staaten des Irans bezeichnet? Bis vor kurzer Zeit waren sowohl China als auch Russland in den Verhandlungen mit dem Iran strikt gegen ein landeseigenes Atomprogramm und haben alle Restriktionen, die diesbezüglich auferlegt wurden mitgetragen. In letzter Zeit ist die Toleranzschwelle der beiden Länder dem Entwicklungsprogramm gegenüber etwas gestiegen. Das ist jedoch auch relativ. Es ist eine Sache mit einem Land Handel zu betreiben, an seiner Grenze einen Nachbarstaat zu haben, der zur Nuklearmacht aufsteigt, jedoch eine ganz andere. Das ist in keines Landes Interesse. Das sind vollkommen unterschiedliche Ebenen. Deshalb könnten auch befreundete Länder sehr zurückhaltend sein, notwendiges Material zu verkaufen oder Überwachungsprogramme aufzulockern.

Unabhängig davon stellt sich die praktische Frage des Transportes. Angereichertes Uran ist nicht leicht zu transportieren. Je höher der Anreicherungsgrad, umso schwieriger ist es. (Angereichertes Uran ist wertvoll, weil es spaltbar ist, nicht weil es radioaktiv ist. Die Anordnung der Teilchen im Uran-235 ist instabil und der Kern kann zerfallen, wenn er durch eine äußere Quelle stimuliert wird). Auch ist es sehr unwahrscheinlich, dass ein Land, wie zB auch Nord Korea, eine Atomwaffe „verschwenden" wollte, indem es sie verkauft. Dazu ist, wie wir gesehen haben, die Herstellung viel zu kostspielig und aufwendig. Zusammengefasst kann man sagen, kein Land, auch keine Atommacht, möchte an seinen Grenzen einen Nachbarn haben, der diese Fähigkeit ebenfalls besitzt und niemand würde „fertige" Atombomben verkaufen. Wobei hier zwischen nuklearen Bomben und nuklearen Sprengsätzen/köpfen zu unterscheiden ist.

Worüber man sich daher eher Gedanken machen sollte, ist die landeseigene Fähigkeit Uran anzureichern und die Möglichkeit, dass es eine Anlage zur Anreicherung geben könnte, die der Atombehörde nicht bekannt ist und daher nicht überwacht werden kann. Wenn der Anreicherungsgrad die 60% erreicht hat, ist es deutlich einfacher den Grad auf 90% zu erhöhen. Und für dieses Ausmaß der Anreicherung gibt es keinen gerechtfertigten, zivilen Grund. Es ist somit offensichtlich, dass, selbst wenn sie kein aktuelles, derzeit aktives Atomwaffenprogramm hätten, was der Iran regelmäßig beteuert, dies auf jeden Fall eine Absicherung für sie wäre. "Meiner Meinung nach haben wir Atomwaffen, aber wir geben es nicht bekannt. Das bedeutet, dass unsere Politik darin besteht, Atombomben zu besitzen, aber unsere erklärte Politik bewegt sich derzeit im Rahmen des JCPOA", sagte Ahmad Bakhshayesh Ardestani gegenüber der in Iran ansässigen Zeitung Rouydad 24, wie aus einem Artikel der unabhängigen Nachrichtenorganisation Iran International in London hervorgeht. Ähnliches hörte man auch von Ali Akbar Salehi, ehemaliger Außenminister und ehemaliger Leiter der Atomenergie-Organisation des Irans. Er bestätigte, dass das iranische Regime in der Lage sei, eine Atombombe zu bauen, und erklärte: "Wir verfügen über alle Schwellenwerte der Nuklearwissenschaft und -technologie".

Eines der Anzeichen, nach denen die Atomenergiebehörde Ausschau hält, ist, dass es irgendwo im Iran Aktivitäten gäbe, die den Anschein erweckten, ein Deckmantel für ein Anreicherungsprogramm zu sein. Es wäre nicht gänzlich auszuschließen, dass dies ohne des Wissens der Geheimdienste, egal aus welchem Land, geschehen könnte. Es ist allerdings nicht wahrscheinlich. Eine Produktionsstätte hätte einen sehr hohen Energieverbrauch und es wäre eine entsprechende Infrastruktur notwendig. Es käme auch zu erhöhtem Verkehrsaufkommen. Dies würde in einer abgelegenen Gegend sofort auffallen. Man müsste sie somit in einer Region verstecken, in der es bereits einen hohen Energieverbrauch sowie erhöhtes Verkehrsaufkommen gibt. Das ist problematisch, vor allem in Industrieländern, wo es viele Orte, in denen es zahlreiche Fahrzeuge sowie einen hohen Energieverbrauch gibt. Somit sind die Signale nicht eindeutig zu identifizieren. Eine der iranischen Atomanlagen ist Fordo. Sie befindet sich in einem Berg. Dort ist es ebenfalls deutlich schwieriger Signale zu erkennen und auch sie zu zerstören, wenngleich nicht unmöglich. Auch bei unteririschen Anlagen verhält es sich so. Und weder Satellitenbilder noch Geheimdienste sind perfekt.

Es ist als eher unwahrscheinlich zu erachten, dass der Iran nukleare Tests vornehmen wird. Einerseits weil es eine Verschwendung der Waffe wäre, andererseits, weil es auffiele und es sofort zu Gegenmaßnahmen käme, um sicherzustellen, dass die Anreicherungsstätte außer Gefecht gesetzt würde. Sie würden somit wahrscheinlich nicht testen wollen, wenn Sie nicht wüssten, dass Sie genug Material haben, um mindestens eine zweite Waffe herstellen zu können. Sie setzen sicherlich keine Atomwaffe gegen ein anderes Land ein, wenn Sie nur eine hätten, denn das würde auf die eine oder andere Weise das Ende Ihres Landes bedeuten. Die Reaktionen darauf wären massiv. Das ist wahrscheinlich auch einer der Gründe, warum Nordkorea nur mit dem Säbel rasselt und die Atomwaffen nicht benutzt.

Der Einsatz einer Atombombe des Irans gegen Israel wäre damit aus diesem Grund nicht wahrscheinlich und vor allem auch, da sie sich selbst stark kontaminieren würden aufgrund der geographischen Nähe. Auch wären Saudi-Arabien, sowie seine Nachbarländer, davon keinesfalls begeistert, denn trotz der Annäherung des Landes an den Iran, sind die Gräben zwischen Sunniten und Schiiten tief. Und die Golfstaaten sind mehrheitlich Sunniten. Von der, auch in ihrer Region, resultierenden Strahlenbelastung ganz zu schweigen.

Der willentliche Einsatz von Atombomben ist daher aufgrund der drohenden Vergeltungsmaßnahmen der internationalen Gemeinschaft sowie der radioaktiven Strahlung im weiteren Umfeld nahezu auszuschließen. Diese Art der Waffen haben heutzutage in erster Linie einen Abschreckungseffekt.

Es geht somit vorrangig darum, den „irrtümlichen" Einsatz dieser Waffen zu verhindern. Entstehen könnte dieser durch missverständliche Kommunikation, falsche Interpretation der Absichten eines Staatsoberhauptes. Das Risiko ist wahrscheinlicher, als die Entscheidung eines Landes, Atomwaffen einzusetzen. Es ist eine Frage der Abschreckung, aber wenn die Abschreckung aufgrund von Kommunikationsfehlern oder Irreführung schief geht, kann das unbeabsichtigte Folgen haben.

https://www.iranwatch.org/our-publications/weapon-program-background-report/history-irans-nuclear-program


https://www.britannica.com/technology/nuclear-weapon/Principles-of-atomic-fission-weapons

https://ee.stanford.edu/~hellman/sts152_03/handout02.pdf

https://www.iranwatch.org/our-publications/articles-reports/irans-nuclear-timetable-weapon-potential

https://www.spiegel.de/ausland/iran-iaea-chef-kritisiert-voellig-unbefriedigende-atom-zusammenarbeit-a-ab98ce6a-57d1-40e0-a2ff-0062796d858c

https://www.derstandard.at/story/3000000224292/iran-baut-laut-iaea-sein-atomprogramm-weiter-aus?fbclid=IwZXh0bgNhZW0CMTAAAR0EosrQdKCiIW3IQImiYreRyaDlK50FGKLJ-p7M5lygZkNvV4p_Mb3244o_aem_fHjiD8B9jehCsBUlfKf7ug

https://www.reuters.com/world/middle-east/iran-undoes-slowdown-enrichment-uranium-near-weapons-grade-iaea-2023-12-26/

https://www.iranintl.com/en/202402123916

https://www.voanews.com/a/iran-resumes-pace-of-60-uranium-enrichment-iaea-says-/7413491.html

https://www.gisreportsonline.com/r/nuclear-program/

https://www.armscontrol.org/act/2024-02/news/iran-accelerates-highly-enriched-uranium-production