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Werden das Duo Lafontaine und Wagenknecht Deutschlands Zukunft prägen?

Werden das Duo Lafontaine und Wagenknecht Deutschlands Zukunft prägen?

Wolfgang Effenberger

Das historische Ergebnis des Bündnisses Sahra Wagenknecht am 1. September 2024 in Thüringen und Sachsen und die damit verbundene Bedeutung für die Politik in Deutschland zwingen zu einer umfassenden Bestandsaufnahme.


Sammlungsbewegung "AUFSTEHEN"

Ende 2018 sollte nach französischem Vorbild die linke Sammlungsbewegung "AUFSTEHEN" links-liberalen politischen Mehrheiten zum Durchbruch zu verhelfen.

Der deutsche Sozialwissenschaftler und politische Aktivist des linken Spektrums, Peter Grottian (1942-2020), fand es irritierend, „dass der Aufruf zum Aufstehen von zwei langgedienten Parteipolitikern, Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine, damit von oben fast allein kommt und nicht von einer »Demokratie-Bewegung von unten«."(1) Grottian versteht unter »Aufstehen« mehr als Empörung. Für ihn bedeutet »Aufstehen«, „Kritik und Protest in Handlungen zu übersetzen. Das Repertoire ist vielfältig: von Petitionen und Demonstrationen bis zu Aktionen des zivilen Ungehorsams, zu Besetzungen, Belagerungen und Boykotten. Vielfältigkeit ist das oft überraschende Salz in der öden Suppe der Demokratie. Sie ist die Voraussetzung für eine lebendige und modernisierungsfähige Gesellschaft."(2) Die Realität sah Grottian anders. Viele Bürger*innen würden die Demokratie verstockt erleben, den Imperativen der Ökonomie unterworfen und ohne wirkliche Möglichkeit der Partizipation: „Die »marktkonforme Demokratie« (Angela Merkel) hat das Verhältnis von repräsentativer Demokratie zur Zivilgesellschaft zu einem repräsentativen ökonomischen Absolutismus ausgebaut. So gesehen ist der Aufruf zum »Aufstehen« verständlich und fast überfällig und folgt einer guten Tradition, mit sozialen Bewegungen der etablierten Politik immer wieder Beine zu machen."(3)

Bei aller Sympathie sah Grottian das Projekt für das grundsätzliche Anliegen als zum Scheitern verurteilt: „kopf- und konzeptionslos, miserabel schlecht vorbereitet, auf das Duo Wagenknecht / Lafontaine fixiert und vor allem unglaubwürdig, weil Wagenknecht und Lafontaine weder Aufstehen noch Bewegung können. Das sind starke Worte für eindeutige Sachverhalte, die aus der Perspektive der sozialen Bewegungen zunächst harsch und unerbittlich klingen."(4)

Die Befürchtungen Grottians traten bereits Anfang März 2023 in aller Deutlichkeit zutage. Tief enttäuscht zeigten sich die Mitinitiatoren der Bewegung darüber, dass Wagenknecht ausgerechnet kurz vor einer für den 8. März 2023 vereinbarten Krisensitzung zwischen Vorstand und Verein „ihren Rücktritt von jeder Führungsverantwortung" erklärt habe –

Und das aus den Medien. „Sie teilte dies weder vorab der Bewegung mit, noch den Mitinitiatoren oder den Kollegen im Vorstand noch suchte sie unmittelbar danach das Gespräch", heißt es in der am 10. März 2023 veröffentlichten "Erklärung zur Situation von Aufstehen" (5): „Wer Spaltungen überwinden und viele unterschiedliche Kräfte sammeln will, muss aber auch sammeln können. Diesem Anspruch ist Aufstehen nicht gerecht geworden." Die Ursachen dafür lägen „vor allem im Versagen der Führung"(6).

Bereits zur Jahreswende seien die Probleme von „Aufstehen" „überdeutlich" geworden, heißt es dem Papier. Diese hätten „einerseits in mangelnder politischer Führung und Zielsetzung, andererseits in mangelnden demokratischen Entscheidungsstrukturen und zum dritten in den dramatisch fehlenden organisatorischen Ressourcen" gelegen.

Beschlüsse des politischen Arbeitsausschusses und des von diesem im Januar 2019 gewählten provisorischen Vorstands seien vom Trägerverein Aufstehen, der formal alle Rechte besitzt und über sämtliche Mitgliederlisten sowie die Vereinsmittel verfügt, nicht umgesetzt worden. So sei es zu einer „Blockade der Handlungsmöglichkeiten" gekommen. Der allmächtige Trägerverein wurde von treuen Wagenknecht-Prätorianern aus der Linkspartei dominiert.(7)

Das verbitterte Fazit: „So sehr wir begreifen, wie hart die Auseinandersetzungen Sahra Wagenknechts in den Machtkämpfen in ihrer eigenen Partei waren und so sehr wir ihr eine gute persönliche Zukunft wünschen – diesen Umgang mit der Bewegung, die sie selbst gegründet und die auf sie vertraut hat, halten wir für politisch nicht verantwortlich."(8)


Sahra Wagenknechts und Alice Schwarzers "Manifest für den Frieden"

Am 10. Februar 2023 starteten die Politikerin Sahra Wagenknecht und die Publizistin Alice Schwarzer ihre Online-Petition "Manifest für den Frieden" auf der umstrittenen linksgerichtet-progressiven Plattform Change.org(9) – der weltweit größten Petitionsplattform für gesellschaftliche Veränderung(10). In den ersten 14 Tagen unterschrieben auf der Webseite knapp 665.000 Personen.


Kleiner Einschub am Rande

change.org wurde von einem Absolventen des Young Global Leader Programms gegründet(11), ebenso wie die Kampagnenorganisationen Campact oder Avaaz haben sie sich in der Vergangenheit immer wieder als "systemtragend" erwiesen,(12) und schon vor Jahren – bald vor einem Jahrzehnt – wurde vor AVAAZ gewarnt. Damals wurde die Plattform von dem "Philanthropen" Georg Soros und seinen "Open Society Foundations" finanziert. Bei diesen sogenannten Petitions- und Unterschriftenplattformen scheint es sich um die "Registrierung von Aktivisten" zu handeln, denn dank Big Data Analysen wird dadurch ersichtlich, wer welche politische Haltung vertritt.

Den größten Erfolg erzielte change.org im Rahmen von "Black Lives Matter" (BLM, englisch für Schwarze Leben zählen) mit der Petition "Justice for George Floyd" mit 19.685.488 Unterstützern.(13) Aber zählen nicht alle Seelen? Die Bewegung ist in den Vereinigten Staaten entstanden und wurde u.a. von der Ford- und Rockefeller-Foundation sowie den open-society-Organisationen unterstützt. Change.org ist wie Campact oder Avaaz ein Instrument zur politischen Einflussnahme.

2015 warf Thilo Weichert als Datenschutzbeauftragter des Landes Schleswig-Holstein change.org vor, „in vieler Hinsicht gegen deutsches Datenschutzrecht" zu verstoßen, unter anderem, da Daten von Millionen deutscher Nutzer im Lichte des Urteils des Europäischen Gerichtshofs zum Safe-Harbor-Abkommen ohne rechtliche Grundlage auf Servern in den USA verarbeitet und gespeichert würden, die Plattform diverse Tracking-Techniken zur Analyse des Nutzerverhaltens einsetze und der Abfluss bzw. die Weitergabe von Daten an Dritte unkontrolliert erfolge.(14) Hierfür wurde Change.org 2016 mit der Negativ-Auszeichnung Big Brother Award bedacht.(15)

Im Jahr 2023 löschte die Plattform eine Petition in Deutschland, die sich kritisch mit dem geplanten Selbstbestimmungsgesetz auseinandersetzte.(16)

Einschub Ende


Das Wagenknecht-Schwarzer Manifest wurde in Deutschland und im Ausland kontrovers diskutiert, vor allem da eine Beendigung der Waffenlieferungen die völkerrechtswidrig angegriffene Ukraine schutzlos den Angriffen Russlands überlassen würde. Zudem würden sich Wagenknecht und Schwarzer politisch nicht ausreichend vom Rechtspopulismus abgrenzen.

Zu den ersten Unterzeichnern zählten

Franz Alt, Journalist, Peter Brandt, Historiker, Reiner Braun, Internationales Friedensbüro (IPB), Justus Frantz, Dirigent und Pianist, Peter Gauweiler, Rechtsanwalt (CSU)

Jürgen Grässlin, Deutsche Friedensgesellschaft, Wolfgang Grupp, Unternehmer, Ulrike Guérot, Politikwissenschaftlerin, Margot Käßmann, Theologin, Oskar Lafontaine, Ex-Ministerpräsident, Jürgen Todenhöfer, Politiker, Erich Vad, Brigadegeneral a. D., Johannes Varwick, Politikwissenschaftler (Unterschrift später zurückgezogen), Günter Verheugen, Ex-Vizepräsident EU-Kommission, Antje Vollmer, Theologin und Politikerin (Die Grünen).

Zweifellos ein beachtlicher Erfolg!


Reaktion von Andrea Drescher auf das Manifest der beiden Prominenten

Unter der Überschrift "Zwei Aufrufe, vier Demos, ein Ziel – Oder der Köder muss dem Fisch schmecken …" erschien am 14. Februar 2023 der Artikel der Friedensaktivistin, Autorin und Journalistin Andrea Drescher. Sie schreibt vor allem über Menschenrechte und Politik, u.a. anderem auch die über Corona-Maßnahmen.(17) In ihrem Artikel geht sie auf zwei aktuell durchs Internet kursierende Aufrufe zum Krieg in der Ukraine ein:

„Der eine mit viel Aufmerksamkeit, entsprechender medialer Resonanz, der andere eher still und leise, deutlich weniger bekannt. Beide sind notwendig, um ein möglichst breites Spektrum an Menschen zu motivieren, für Frieden aktiv zu werden."(18)

Sarah Wagenknecht und Alice Schwarzer sind prominent genug, schreibt Andrea Drescher, „um durch alle Medien zu gehen, sogar durch den Mainstream. Obwohl ihr „Manifest für Frieden"(19) ganz klar Positionen bezieht, die dem gesellschaftlich gewünschten Narrativ entsprechen, wird er von manchen verrissen. So lese ich u.a. 'Der irrsinnige Aufruf von Sarah Wagenknecht und Alice Schwarzer' und von dem Ukrainer Andrij Melnyk kam wenig überraschend der Kommentar: 'Hallo ihr beide Putinschen Handlanger: Innen @SWagenknecht & #Schwarzer, euer Manifest für Verrat der Ukrainer könnt ihr zusammenrollen & gleich in den Mülleimer am Brandenburger Tor werfen'(20)."(21)

Bei Andrea Drescher haben die ersten Zeilen des Aufrufs der beiden prominenten Frauen instinktiv das Gefühl ausgelöst: "Das kann ich nicht unterschreiben":

Heute ist der 352. Kriegstag in der Ukraine. Über 200.000 Soldaten und 50.000 Zivilisten wurden bisher getötet. Frauen wurden vergewaltigt, Kinder verängstigt, ein ganzes Volk traumatisiert. Wenn die Kämpfe so weitergehen, ist die Ukraine bald ein entvölkertes, zerstörtes Land. Und auch viele Menschen in ganz Europa haben Angst vor einer Ausweitung des Krieges. Sie fürchten um ihre und die Zukunft ihrer Kinder. Die von Russland brutal überfallene ukrainische Bevölkerung braucht unsere Solidarität."(22)

Nachdem Andrea Drescher diese Einführungssätze gelesen hatte, fiel es ihr sehr schwer, den weitgehend richtigen und wichtigen Rest dieses Aufrufs überhaupt noch zur Kenntnis zu nehmen (Dem Autor dieses Artikels erging es ebenso).

In einer Facebook-Diskussion äußerte Andrea Drescher ihre Bedenken, „fragte nach der Solidarität mit den Menschen im Donbass seit 2014 und bekam als Antwort von einem definitiv ukraine-kritischen Journalisten: 'Spielt das eine Rolle? Wir können dieses Blame-Game weiterspielen und uns in atomisierten Kleinstgruppen über die reine Wahrheit streiten. Das ist ja ein linkes Hobby. Nur, wem nützt das?'."(23) Auch wenn alles, was danach folgte, ihren Vorstellungen entsprach, "es begann mit einer Lüge" und eine Lüge konnte sie nicht unterschreiben, selbst wenn sie einem guten Zweck dient. Da Frau Drescher von 2014 an aufgrund des Krieges in der Ukraine im Rahmen der Friedensmahnwachen auf die Straße ging, seit 2016 die Kriegsopferhilfe im Donbass unterstützt und das Leid der Menschen dort sowie die mangelnde Solidarität der Menschen bei uns mit Schaudern zur Kenntnis nahm, „gingen bei mir buchstäblich sämtliche Nackenhaare hoch", schreibt sie, und betont:

Die Vorgeschichte seit 2014 zu ignorieren, die Toten seit 2014 zu ignorieren, das Leid der russischstämmigen Ukrainer seit 2014 zu ignorieren, die Aussagen von Merkel und anderen Verantwortlichen zum Scheinabkommen Minsk2 zu ignorieren, die Aussagen der Rand Corporation zu ignorieren, die OSZE-bestätigten intensiven Angriffe der West-Ukraine auf den Donbass seit 16.2.2022 zu ignorieren …

… und dann ausschließlich über den Kriegsbeginn – nein, die Kriegsausweitung – am 24.2.2022 zu schreiben …

Das mag anschlussfähig sein, das mag notwendig sein, um breitere Bevölkerungsschichten zu erreichen. Alles das ist wahrscheinlich wichtig und richtig, um wirklich Masse auf die Straße zu mobilisieren."(24)

Dann ging sie auf überraschend neutrale bis fast positive Berichte der Printmedien ein, so z.B. den Stern-Artikel "Gegenwind mit Ansage: Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht veröffentlichen Friedensmanifest". Selbst bei T-Online fand sie einen neutralen Artikel, der nahezu wortgleich auch bei der Rheinischen Post zu finden war. Das am 10.2. vormittags gestartete Manifest hatten innerhalb der ersten 8 Stunden fast 40.000 Menschen unterzeichnet, am 12.2. gegen 13 Uhr waren es bereits knapp 250.000, am 13.2. gegen 12 Uhr knapp 350.000. „Der Köder schmeckt eben dem Fisch, nicht dem Angler", so Drescher, für die das Konzept der beiden Damen aufging, was sie auch so gut fand und jeden verstand, der das Manifest unterzeichnete: Sie werde es nicht mittragen, „obwohl ich damit selbst in der alternativen Szene vermutlich eine Minderheitsmeinung vertrete"(25).


Aufruf "Aufstehen fürs Überleben" vom 4. Februar 2023

Der Aufruf von Wolfgang Effenberger und Dr. Amir Mortasawi (alias Afsane Bahar) erreichte Frau Drescher per E-Mail bereits Anfang Februar. Er wurde nur über E-Mail an Freunde und Bekannte verteilt, da die beiden Verfasser die offiziellen Plattformen nicht nutzen wollten. Wer wollte, konnte per E-Mail-Rückantwort unterschreiben.

Der Aufruf "Aufstehen fürs Überleben" wurde am 31.1.2023 verfasst und erstmals am 4.2.2023 auf der Seite von Dr. Mortasawi veröffentlicht.(26)

„Die einleitenden Worte waren mir wie der ganze Aufruf bereits aus der Mail bekannt", so Frau Drescher, „den ich ohne Bedenken unterzeichnet hatte":

'Zutiefst besorgt um das Leben und Überleben in der Mitte Europas richten wir diesen Aufruf vorrangig an die Menschen in den deutschsprachigen europäischen Ländern. Bei einer Vielfalt gesellschaftspolitischer Ansichten werden wir von der gemeinsamen Überzeugung getragen, dass unsere Welt zu keiner Zeit seit der Kubakrise 1962 so nah an der Katastrophe war. Wenn der gegenwärtig in den Massenmedien geschürten wahnhaften Kriegsbegeisterung nicht effektiv entgegengewirkt wird, besteht die große Gefahr, dass der Ukraine-Krieg zum Einsatz von Atomwaffen in Europa führt'.

Die beiden Initiatoren sind befreundet und waren der Auffassung, dass man aufgrund der aktuellen Entwicklung dringend aktiv werden müsse. Wolfgang Effenberger, ehemaliger Major der Reserve und Publizist, Dr. Amir Mortasawi, Arzt und Publizist, teilen die Befürchtungen, die die schnelle Eskalation nach sich ziehen kann. Dazu sagte Wolfgang Effenberger in einem Telefonat: „Der Weg von Helmen über Panzer, zu Kampfpanzern und Kampfflugzeugen führt immer wahrscheinlicher in Richtung Einsatz von NATO-Truppen und in die Gefahr der atomaren Vernichtung Europas. Wir beide waren daher der Ansicht, dass es jetzt nicht um Frieden, der ja nach Karl Jaspers als Voraussetzung der Wahrheit bedarf, sondern erstmal ums nackte Überleben geht. Es geht nicht um Schuldzuweisung, sondern darum, etwas zu tun, um diese tödliche Entwicklung aufzuhalten. Das war unsere Motivation für diesen Aufruf."

Bis jetzt erreichte der Aufruf der beiden Herren bei weitem keine solche Reichweite wie der der beiden Damen, auch wenn namhafte Unterzeichner wie Eugen Drewermann darauf zu finden sind. Das mag auch an der Prominenz – dem Bekanntheitsgrad – liegen. Dieser Artikel soll ein wenig dazu beitragen, daran etwas zu ändern. Wer hier mitzeichnen möchte, schickt eine Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. unter Angabe von Vorname, Nachname, Beruf und Land. Weniger professionell, aber eben eine Alternative.

Zwei Aufrufe – ein Thema – und damit für jeden die Möglichkeit, entsprechend seiner eigenen Überzeugungen öffentlich Gesicht für den Frieden zu zeigen: Man kann auch beide zeichnen. Hauptsache man tut überhaupt etwas!


Nachtrag von Frau Drescher

Die Entstehung dieses Artikels zeigt mir erneut, dass ich bei TKP im richtigen Medium gelandet bin. Wohl ahnend, dass auch Peter F. Mayer meine Sicht auf das Manifest nicht besonders gefallen könnte, schrieb ich ihn vorab an. Schließlich ist er als Herausgeber und Chefredakteur für die „Blattlinie" verantwortlich. Es kam zu folgendem kurzen Dialog.

„hi peter, hast du ein problem damit, wenn ich einen kritischen text zur wagenknecht/schwarzer-petition schreibe? mir macht das nämlich ein wenig bauchweh."

Antwort:

„Ich weiß nicht. Typisch für die wissenschaftlichen Sozialisten, dass jede kleine Abweichung von der richtigen Linie heftiger bekämpft wird, als der Klassenfeind. Ich bin froh über jede Aktion, die wenigstens ungefähr in die richtige Richtung geht. Aber wenn du unbedingt willst, dann mach."

Wie man sieht, ich wollte. Abweichenden Meinungen eine Plattform zu bieten, ein breites Meinungsspektrum zu präsentieren, ist das, was Journalismus für mich ausmacht. Inhalte von Aufrufen, die meiner Meinung nicht entsprechen, muss ich eben auch aushalten – solange sie in Richtung Frieden gehen.

Keine 24 Stunden nach der Veröffentlichung des Aufrufs verfasste die Schweizer Weltwoche den lobenden Artikel "«Manifest für den Frieden»: Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht fordern Verhandlungen. «Jetzt!»". „Das meinen auch wir, meint auch die Hälfte der deutschen Bevölkerung. Es ist Zeit, uns zuzuhören!"(27) Um die Aussage zu unterstreichen, wird auf die prominenten Erstunterzeichner verwiesen - Margot Kässmann, Reinhard Mey, Brigadegeneral a.D. Erich Vad, der Textilunternehmer Wolfgang Grupp und der ehemalige EU-Kommissar Günter Verheugen - und hervorgehoben, dass innerhalb der ersten 8 Stunden fast 40.000 Unterschriften zusammengekommen sind mit der Tendenz: "rasant steigend". Weiter wurde in dem Weltwoche-Artikel auf die von Wagenknecht und Schwarzer geplante Demonstration in Berlin hingewiesen: „Für den 25. Februar haben Alice Schwarzer und Sarah Wagenknecht zu einer Friedendemo in Berlin aufgerufen. Wenn nicht alles täuscht, ein wichtiges Datum. Die deutsche und europäische Friedensbewegung wird sichtbar werden und die Diskurshoheit der Waffenlieferer und Endsiegstrategen in Frage stellen".(28)


Kundgebung "Aufstand für Frieden "

Im Rahmen der Petition wurde am Brandenburger Tor zur Kundgebung Aufstand für Frieden aufgerufen. Nach Veranstalterangaben sollen etwa 50.000 Menschen gekommen sein,(29) Laut den Angaben der Polizei Berlin lag die Zahl der Teilnehmer bei 13.000.(30)

Zu Beginn wurde eine Videobotschaft des US-Ökonomen Jeffrey Sachs gezeigt; auf der Bühne redeten die Schauspielerin Corinna Kirchhoff, der Publizist Hans-Peter Waldrich, Bundeswehr-Offizier Erich Vad(31) sowie Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer. Die Bundestagsabgeordnete Sevim Dağdelen (Die Linke) fungierte als Versammlungsleiterin.

Laut Stern.de stammten viele Slogans der Plakate und die Fahnen aus der Friedensbewegung der 1980er Jahre; es seien auch Transparente der Linkspartei dort gezeigt worden.(32) Kritisiert wurde die Aussage der Verfasserinnen, dass auf der Kundgebung „jeder willkommen [sei], der ehrlichen Herzens für Frieden und für Verhandlungen demonstrieren möchte. Rechtsextreme Flaggen oder Symbole dagegen haben auf ihr nichts zu suchen und werden nicht geduldet". Das wurde von manchen als mangelnde Abgrenzung nach rechts wahrgenommen.(33) Daraufhin distanzierte sich die Parteispitze der Linken,(34) und Johannes Varwick zog seine Unterschrift zurück.(35). Jürgen Grässlin blieb der Berliner Kundgebung wegen aus seiner Sicht mangelnder Distanzierung gegen rechts fern.(36)

Günter Verheugen, Erstunterzeichner des Manifests und Mitunterzeichner des von Peter Brandt und anderen initiierten Aufrufs „Frieden schaffen!", bezeichnete die „Art und Weise, wie große Teile von Politik und Medien" mit dem Manifest umgegangen seien, in einem Interview der Neuen Ruhr Zeitung als „bestürzend". Man könne „den Eindruck gewinnen, dass selbst renommierte Medien in die Scharfmacherrolle schlüpfen und die Politik vor sich hertreiben."(37)


Erster Bundesparteitag der Wagenknecht-Partei: "Wer, wenn nicht wir?"

Am 27. Januar 2024 – seit 1996 Jahrestag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus – wurde die Partei "Bündnis Sahra Wagenknecht - für Vernunft und Gerechtigkeit"(38) im Berliner Kosmos, dem ehemaligen größten Filmtheater der DDR, gegründet. Die nüchtern-modernistische Architektur des ehemaligen Kinos an der Karl-Marx-Allee erinnerte an die Aufbaujahre des sozialistischen Staates. So liegt ein Hauch von Nostalgie über dem Ereignis, verstärkt durch die Art und Weise, „wie straff und diszipliniert der Parteitag um dessen Große Vorsitzende herum organisiert wurde und nach Plan abläuft – und daran, dass sich das "Bündnis Sahra Wagenknecht" als eine Art bessere Linkspartei inszeniert".(39)

Pünktlich um 10:01 Uhr betraten Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine den geschichtsträchtigen Saal. Walter Ulbricht und Erich Honecker hatten hier im Kino Kosmos Ehrenplätze.(40) Und auch das Datum ist historisch:

Zum Auftakt des Parteitags sprach die parteilose Die 74-jährige Publizistin Daniela Dahn, die als „Stimme der Friedensbewegung" vorgestellt wurde.

Sie erinnerte daran, dass die Rote Armee vor 79 Jahren das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau befreit habe und schlug am Holocaust-Gedenktag in ihrer Eröffnungsrede den Bogen vom Antifaschismus zur neuen Partei und ihrer Friedenspolitik. Sie nannte es einen "unhaltbaren Zustand", dass Bürger, die die „Zeitenwende hin zur Kriegstüchtigkeit" ablehnen, sich aktuell "genötigt sehen könnten, die AfD zu wählen."(41)

Sahra Wagenknecht habe mit der Linkspartei gebrochen, weil diese sich nicht an der Friedensdemonstration von Wagenknecht und Alice Schwarzer im Februar 2023 in Berlin beteiligt habe, so Dahn; sie lobte Wagenknecht für „ihren Mut und ihre Kühnheit, der restaurativen Parteienlandschaft die Stirn zu bieten." Viel Applaus erhielt sie für die Losung, von diesem Parteitag gehe „unmissverständlich das Engagement für Antirassismus und Antifaschismus aus". Strittige Fragen, etwa zur Migration, erklärte sie dagegen für „nachrangig"(42)

Die Rede Wagenknechts markierte vor der Mittagspause einen Höhepunkt des Parteitags. Sie klammerte ebenfalls die Migrations- und Klimapolitik weitgehend aus, auch zur notwendigen Coronaaufklärung verlor sie kein Wort und redete dafür ihren Mitgliedern ins Gewissen: „Lasst uns pfleglich miteinander umgehen!". Man müsse „Toleranz und Respekt nicht nur in der Gesellschaft einfordern, sondern auch in unserer Partei leben", sagte sie, und: „Wir sind keine Linke 2.0.". Daher arbeite man an „Strukturen, in denen sich nicht die Rücksichtslosesten und Intrigantesten, sondern die Talentiertesten und Besten durchsetzen"(43). Dann kritisierte sie, dass Jeder heutzutage als rechts abgestempelt werde – ob er sich wegen „islamistischer Parallelgesellschaften" sorge, die Corona-Maßnahmen kritisiere oder schlicht für den Frieden sei. Aber die Menschen hätten gute Gründe, wütend zu sein. Der Ampel empfahl sie, zur Bekämpfung der AfD zunächst ihre „miserable Politik" zu ändern.


Lafontaine – Neuzugang und Strippenzieher

Einen Tag vor dem Parteitag hatte Oskar Lafontaine bekanntgegeben, der Partei seiner Ehefrau beizutreten. Viele hatten ihn als einen der Strippenzieher im Hintergrund gesehen. Auch scheint er bei der strategischen Ausrichtung der Partei federführend mitgewirkt zu haben.

So durfte der ehemalige saarländischen Ministerpräsident und Ex-Chef der Linken am Abend ein fulminantes Schlusswort sprechen.

Es sei nicht falsch, in manchen Dingen konservativ zu sein, sagte er, und zog mit Verve gegen "Cancel Culture" und Gender-Sprache zu Felde: „Ich möchte unsere Sprache bewahren, weil eine linke Partei die Sprache des Volkes sprechen muss"(44), sagte er unter Applaus. Es stimme aber nicht, dass seine neue Partei „rechts" sei. Das Bündnis Sahra Wagenknecht sei zudem die einzige Partei, die sich konsequent für Frieden und Abrüstung einsetze. Auch er kam auf den Holocaust zu sprechen und schlug den Bogen nach Gaza, dort sofort und in der Ukraine ebenfalls einen Waffenstillstand fordernd. Gegen die AfD führte Lofontaine am Abend noch ein anderes überraschendes Argument ins Feld: die AfD stehe wie alle anderen „an der Seite Israels" und sei deshalb keine echte „Friedenspartei".

Abschließend rief er in den Saal: „Die Lehre unserer Geschichte aus zwei Weltkriegen ist doch ganz einfach: Von deutschem Boden soll niemals wieder Krieg ausgehen." Stattdessen solle man lieber wieder „Energie direkt aus Russland beziehen".(45) Seine Rede wurde minutenlang rhythmisch beklatscht.

Das "links-konservative" Bündnis trägt die politische Programmatik des Ehepaars: „Nato- und USA-kritisch, gegen grünen Moralismus, für höheren Mindestlohn und höhere Renten, gegen unbegrenzte Migration, und für die Rückkehr zur Friedens- und Außenpolitik der 60er Jahre, an die Wagenknecht und Lafontaine trotz radikal veränderter Weltlage immer noch glauben".(46)

Manchen scheint klar zu sein: „Hier feiern zwei die Vollendung ihres Lebenswerks. Beide haben ihre alten Parteien hinter sich gelassen im Zorn. Wagenknecht erst kürzlich die Linkspartei, Lafontaine 2005 die SPD und 2022 dann auch die Linke".

Zweifellos haben beide in ihren ehemaligen Parteien Kränkungen erfahren. Kränkungen können körperliche sowie psychische Folgen nach sich ziehen und zu sogar zu einer posttraumatischen Verbitterungsstörung führen(47). Kränkungen können sich in Burn-out oder Depressionen manifestieren(48) oder auch die Selbstreflexion, Kommunikation und zielgerichtetes methodisches Handeln beeinträchtigen und zu einem nicht legitimierten Einsatz von eigenen Machtquellen führen.(49)

Mitte Juli 2019 outete sich die damalige Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht: „Ja, ich hatte ein Burn-out." Sie sei zwei Monate lang krankgeschrieben gewesen. „Der Arzt hat unmissverständlich zu mir gesagt: ,Sie können so nicht weitermachen!'"(50)

Nun macht sie aber ganz anders weiter!

Im Kosmos wurde der Kernkanon dessen spürbar, was auch diese Strömung innerhalb der Linkspartei bereits als ihr gemeinsames Credo entwickelt hat. Das heißt, „wir sind die Antikriegspartei. Wir haben Verständnis für Russland. Wir sind die Partei, die gegen die Ampel ist"(51).

Mit scharfen Vorwürfen gegen die Ampel beendete das Bündnis Sahra Wagenknecht den ersten Parteitag, auf dem zwar Aufbruchsstimmung zu spüren war, aber kaum junge Leute zu sehen waren: Ein Aufstand alter Menschen.

Lafontaine vor den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg

Am 3. August 2024 bezeichnete Lafontaine auf den "nachdenkseiten" das Argument, das BSW könne nur mit der AfD koalieren, weil es in der Außenpolitik große Übereinstimmung gäbe, als eine Lüge. BSW und AfD würden zwar Verhandlungen über einen Waffenstillstand und eine diplomatische Beendigung des Krieges in der Ukraine fordern, und beide plädierten für eine die Sicherheitsinteressen Moskaus berücksichtigende Außenpolitik. Aber darüber hinaus würde es in der Sicherheitspolitik gravierende Unterschiede geben. Die AfD befürworte im Gegensatz zum BSW das Zwei-Prozent-Ziel der NATO, also die Finanzierung einer massiven Aufrüstung und die weitere Erhöhung des Verteidigungshaushalts. Würde man der AfD folgen, so Lafontaine, stünde noch weniger Geld für Wohnungen, Schulen und Krankenhäuser zur Verfügung. Das sei die Verbindung zur Landespolitik bei den kommenden Landtagswahlen. Auch habe die AfD im Gegensatz zum BSW die Osterweiterung der NATO unterstützt, so zuletzt die Aufnahme Finnlands und Schwedens.

Anders als das BSW unterstütze die AfD auch den Völkermord Israels im Gazastreifen und befinde sich hier im Einklang mit CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen. Da die Mehrheit der deutschen Journalisten wohl aus Gründen der deutschen Staatsraison diesen Völkermord kaum thematisiere, sei diese gravierende Übereinstimmung der AfD mit den „Altparteien" den meisten Wählerinnen und Wähler nicht bekannt, so Lafontaine: „Die AfD unterstützt wie die Ampelparteien und die CDU/CSU den Völkermord im Gazastreifen und macht Wirtschaftspolitik für die oberen Zehntausend".(52)

Sein abschließendes Fazit lautete: Eine Regierungszusammenarbeit der AfD mit den „Altparteien" ist aus inhaltlichen Gründen viel eher möglich ist als mit dem BSW.


Pressemitteilung des thüringischen Landesverbands an die Pressevertreter

Einen Tag nach der Wahl teilte der Landesvorstand des BSW Thüringen der Presse mit:

Der Landesvorstand nimmt die Einladung der CDU zu ersten Gesprächen einstimmig an.

CDU zusammen mit BSW? Mit den Linken in der CDU zusammen ergäbe das eine solide linke Regierung. Das ist genau das, was eine Volksmehrheit in Thüringen und Sachsen nicht will. Somit wäre aber dank der Brandmauer die Demokratie "gerettet".

Wie passt das zusammen mit Lafontaines vollmundigem Fazit vom 3. August 2024, eine Regierungszusammenarbeit der AfD mit den „Altparteien" sei aus inhaltlichen Gründen viel eher möglich ist als mit dem BSW?

Weiterhin beschloss der Landesvorstand einstimmig, vor konkreten Sondierungen ebenso mit den Parteien SPD und LINKE Gespräche zu führen.

Zum Umgang mit der AfD beschloss der Landesvorstand folgende Punkte einstimmig:

  1. Es wird keine Koalition oder Tolerierung unter Beteiligung der AfD geben
  2. Es wird keine parlamentarische Zusammenarbeit mit der AfD geben. Wir besprechen keine inhaltlichen Anträge vor oder entwickeln diese gar gemeinsam.
  3. Wir werden keine Options- oder Sondierungsgespräche mit der AfD führen.


Es wird sich also nach der Egoshow von Sahra Wagenknecht nichts ändern!

Dass BSW

  • hat ausgeschlossen, mit der AfD überhaupt zu reden
  • will auch keine gemeinsamen Sachthemen mit der AfD in Anträgen durchsetzen
  • will den Rundfunkbeitrag behalten
  • will mit den Altparteien CDU, SPD und Linkspartei eine Koalition bilden.


Wie müssen sich jetzt eigentlich die Wähler fühlen, die dachten, Wagenknecht wäre eine Alternative. Wagenknecht hatte die große politische Wende angekündigt, doch wie soll die möglich sein, wenn das BSW mit der Linkspartei und mit der CDU zusammengehen?

Nun bekommen sie die Linke – oder, noch schlimmer, die CDU, die letztlich für die Misere im Land verantwortlich ist. Wie will man die Probleme zusammen mit deren Verursachern lösen?

Viele Wähler fühlen sich von Sahra Wagenknecht enttäuscht. Das BSW entpuppt sich als trojanisches Pferd oder als Karikatur der Linken. Nun scheint es eindeutig zu sein: Das BSW ist eine pure Brandmauer, mehr nicht! Sahra Wagenknecht hat sich damit endgültig als Handlangerin der Mächtigen entlarvt, und die Bürger sind zu recht wütend!

Der Geschäftsführer des ominösen "Thinktank Polisphere", Philipp Sälhoff, gab seine zentrale Erkenntnis über "BuzzFeed News" Deutschland von IPPEN.MEDIA preis, nämlich dass insbesondere die Staatsmedien in Russland sowie kremlnahe Outlets das BSW als „‚Kümmerer'- und Friedenspartei" darstellen. Die AfD (die bei der Thüringen-Wahl stärkste Kraft wurde), und das BSW (das es in Thüringen auf 15,8 Prozent schaffte) seien als „Retterinnen vor der Ampel" dargestellt worden. Eine Botschaft, die Putin in die Hände spielt.(53)

Das BSW von Putin gesponsert? Das würde gut in die laufende Propaganda passen, ist aber vermutlich nur Ablenkung nach dem Motto: Haltet den Dieb!

Ist das BSW mit den Hauptakteuren Wagenknecht und Lafontaine nun ein eiskalt von der Globalisierungsclique platziertes U-Boot, das AfD-Mehrheiten verhindern soll? Damit könnte die gewünschte Restitution der den Transatlantikern verpflichteten Altparteien-Elite sichergestellt werden. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts verfolgen die Angelsachsen die geopolitische Strategie "Balance of Power" für Eurasien (siehe Mackinders Herzlandtheorie). Deshalb musste Deutschland klein gehalten werden und durfte nie enge Verbindungen mit Russland aufbauen. Nach dem ersten Weltkrieg forcierte der polnische Marschall Józef Piłsudski das gegen Deutschland und Russland gerichtete politische Großprojekt einer Konföderation der Staaten in dem Raum zwischen dem Schwarzen Meer und der Ostsee, besser bekannt als Intermarum. Heute ist es die Drei-Meeres-Initiative (Ostsee-Schwarzes Meer – Adria). Deshalb der Angriff auf die deutsche Industrie und parallel dazu die Isolierung Russlands.

In der Weltwoche gab Lafontaine nach den Wahlen in Thüringen und Sachsen ein Interview, in dem er sich über den «Dissens» zwischen AfD und BSW, die Brandmauer und die Wahlen im Osten äußerte.(54)

Lafontaine, der 1998 seine Kanzlerträume gegen Schröder aufgeben musste, kann auf die Trümmer seiner SPD hinunterschauen. Er hat jetzt seine eigene sozialistische Partei und im Hintergrund die Fäden ziehen, die eher Stahlseilen gleichkommen. Und das zum strategisch richtigen Zeitpunkt: Die SPD hat sich mit Kanzler Olaf Scholz komplett ins Off manövriert, während Lafontaines attraktive und intelligente Frau das BSW medial hervorragend verkauft. Die beiden scheint ein unerschütterlicher Glaube an den Sieg des Kommunismus zu verbinden. Sind sie Kämpfer wie Leo Trotzkij, die sich im Sinne der permanenten Revolution flexibel den Gegebenheiten anpassen? Die Wahlen in Sachsen und Thüringen haben gezeigt, wes Geistes Kind das BSW wirklich ist. Die Linke Front hat das BSW losgelassen, um der AfD Stimmen wegzunehmen, was ja spektakulär gelungen ist. Bei der Installation dieses U-Boots müssen viele Millionen geflossen sein. Woher kamen die?

Die Tarnkappen-SEDler werden sich kaum an ihre Versprechungen erinnern. Man denke an entscheidende Abstimmungen im Bundestag, an denen Wagenknecht nicht teilnahm oder bei denen sie sich enthalten hat (z.B. bei der Impfpflicht).

Sind Wagenknecht und Lafontaine kalt berechnende Machtmenschen?(55) Nun können sie in Deutschland das "Zünglein an der Waage" spielen.(56)

Sahra Wagenknecht wurde nach der Wende mit Anfang 20 das Gesicht der Kommunistischen Plattform(57), einer radikalen Gruppe in der SED-Nachfolgepartei PDS, die den Klassenkampf propagierte und anders als die Parteispitze jede Zusammenarbeit mit der SPD strikt ablehnte. Ihre Abschlussarbeit nach dem Studium der Philosophie und Neueren Deutschen Literatur schrieb sie über Karl Marx und Hegel. Pflegte sie anfangs ihr Image als Radikalsozialistin, so trat sie seit 2011 als intellektuelle Kapitalismuskritikerin auf, die auch schon mal Ludwig Erhardts soziale Marktwirtschaft lobte.

Die Wahlen in Thüringen und Sachsen haben über 70 % der Wähler an die Urnen gebracht, die hofften, eine Wende in der Politik anzustoßen. Nach dem Erfolg der Mogelpackung BSW ist zu befürchten, dass sich noch mehr Menschen von der Politik angewidert abwenden und gar nicht mehr wählen gehen.

Wolfgang Effenberger, Jahrgang 1946, erhielt als Pionierhauptmann bei der Bundeswehr tiefere Einblicke in das von den USA vorbereitete "atomare Gefechtsfeld" in Europa. Nach zwölfjähriger Dienstzeit studierte er in München Politikwissenschaft sowie Höheres Lehramt (Bauwesen/Mathematik) und unterrichtete bis 2000 an der Fachschule für Bautechnik. Seitdem publiziert er zur jüngeren deutschen Geschichte und zur US-Geopolitik. Zuletzt erschienen vom ihm:

  • „Schwarzbuch EU & NATO" (2020) sowie
  • "Die unterschätzte Macht" (2022)

Quellen und Anmerkungen:

1) https://www.nd-aktuell.de/artikel/1107229.aufstehen-wer-aufruft-und-selbst-hocken-bleibt-kann-nicht-glaubwuerdig-bewegung-sein.html

2) Ebda.

3) Ebda.

4) Ebda.

5) Verfasst von dem der aus der SPD ausgetretene Bundestagsabgeordnete Marco Bülow, dem sozialdemokratische Historiker Peter Brandt, der Schriftsteller Ingo Schulze, der Musik-Kabarettist Achim Hagemann, der Schauspieler Wolfgang Zarnack sowie die früheren Grünen-ParlamentarierInnen Antje Vollmer und Ludger Volmer.

6) https://taz.de/Nach-dem-Abgang-Wagenknechts/!5580846/

7) Außer Wagenknecht saß hingegen im provisorischen „Aufstehen"-Vorstand mit Fabio De Masi nur noch ein Linkspartei-Mitglied. Ansonsten gehörten ihm neben Bülow und Volmer mit dem Grünen Hendrik Auhagen und der Düsseldorfer Basisaktivistin Sabrina Hofmann zwei weitere UnterzeichnerInnen der Erklärung an.

8) https://taz.de/Nach-dem-Abgang-Wagenknechts/!5580846/

9) https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2021-03/change-org-petitionsplattform-berlin-finanzamt-gemeinnuetzigkeit

10) https://www.change.org

11) https://de.m.wikipedia.org/wiki/Gregor_Hackmack

12) https://www.nachdenkseiten.de/?p=61058

13) https://www.change.org/p/mayor-jacob-frey-justice-for-george-floyd

14) https://www.nrz.de/region/niederrhein/ukraine-krieg-nicht-dem-militaerischen-denken-unterwerfen-id238098753.html; https://www.merkur.de/politik/ukraine-krieg-russland-sahra-wagenknecht-alice-schwarzer-manifest-fuer-frieden-zr-92104317.html

15) http://www.deutschlandfunk.de/bigbrother-award-vergeben-bittere-zitronen-fuer-die.684.de.html?dram:article_id=352210

16) https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/forderung-nach-verhandlungen-v%C3%B6llig-irreal-dieter-nuhr-erklart-warum-er-seine-meinung-zum-ukrainekrieg-geandert-hat-9549110.html

17) https://neuewahrheit.at/author/andrea-drescher/

18) https://tkp.at/2023/02/14/zwei-aufrufe-vier-demos-ein-ziel-oder-der-koeder-muss-dem-fisch-schmecken/

19) https://www.change.org/p/manifest-f%C3%BCr-frieden

20) https://twitter.com/MelnykAndrij/status/1623995500721496065

21) https://tkp.at/2023/02/14/zwei-aufrufe-vier-demos-ein-ziel-oder-der-koeder-muss-dem-fisch-schmecken/

22) Ebda.

23) Ebda.

24) Ebda.

25) Ebda.

26) https://afsaneyebahar.com/2023/02/13/20694777/

27) https://weltwoche.de/daily/manifest-fuer-den-frieden-alice-schwarzer-und-sahra-fordern-verhandlungen-jetzt/ 

28) Ebda.

29) https://www.msn.com/de-de/nachrichten/politik/aufstand-für-frieden-mehr-als-50-000-menschen-bei-schwarzer-und-wagenknecht/ar-AA17VBZM

30) https://www.morgenpost.de/berlin/article237745733/demo-berlin-heute-wagenknecht-schwarzer-ukraine.html

31) https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/berlin-kundgebung-ukraine-krieg-brandenburger-tor-aufstand-fuer-frieden-mehr-als-50000-menschen-bei-alice-schwarzer-und-sahra-wagenknecht-li.321688

32) https://www.stern.de/politik/deutschland/themen/sahra-wagenknecht-4541024.html

33) https://www.spiegel.de/politik/deutschland/alice-schwarzer-und-sahra-wagenknecht-im-interview-es-wird-ernst-lasst-uns-schluss-machen-mit-diesem-krieg-a-1445cd6b-9c00-4504-8403-3b0c429f0bad

34) https://www.spiegel.de/politik/deutschland/linken-spitze-fehlt-bei-wagenknecht-aufruf-abgrenzung-nach-rechts-a-a20281c2-7c2b-480a-a586-8063c8b046c6

35) https://www.spiegel.de/politik/deutschland/alice-schwarzer-und-sahra-wagenknecht-johannes-varwick-zieht-unterschrift-zurueck-a-7ade2a86-85ab-4445-879f-a0a7614126c0

36) https://www.mdr.de/nachrichten/politik/deutschland/wagenknecht-schwarzer-manifest-frieden-afd-100.html

37) https://www.nrz.de/region/niederrhein/article238098753/Ukraine-Krieg-Nicht-dem-militaerischen-Denken-unterwerfen.html

38) Anfang Januar 2024 mit etwa 450 Mitgliedern offiziell als Partei gegründet

39) https://taz.de/Erster-Parteitag-BSW/!5988274/

40) https://www.youtube.com/watch?v=Ah6eyQGat_A

41) https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/bsw-parteitag-wagenknecht-neue-mitglieder-afd-ampel-100.html

42) https://taz.de/Erster-Parteitag-BSW/!5988274/

43) Ebda.

44) Ebda.

45) Ebda.

46) https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/bsw-parteitag-wagenknecht-neue-mitglieder-afd-ampel-100.html

47) Wardetzki, Bärbel, 2008. Ohrfeige für die Seele: Wie wir mit Kränkungen und Zurückweisungen besser umgehen können. 9. Auflage. München, S. 105

48) Ebda. S. 58

49) Adelmeyer, Verena, 2023. Kränkungen in der Sozialen Arbeit  unter: https://www.socialnet.de/materialien/?29762.php

50) https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/linken-fraktionschefin-sahra-wagenknecht-hatte-ein-burn-out-16290580.html

51) https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/bsw-parteitag-wagenknecht-neue-mitglieder-afd-ampel-100.html

52) https://www.nachdenkseiten.de/?p=119556

53) https://www.hna.de/welt/so-will-putin-ueber-das-bsw-die-deutsche-gesellschaft-spalten-russlands-verborgener-plan-zr-93281845.html

54) https://weltwoche.ch/daily/oskar-lafontaine-es-gibt-einen-grossen-dissens-in-der-aussenpolitik-zwischen-afd-und-bsw/

55) https://www.rnd.de/politik/bsw-zusammenarbeit-mit-afd-wie-radikal-ist-die-partei-bei-der-corona-aufarbeitung-HUFAL3FJLZF7FPU3L3W2L7IPZI.html

56) https://www.n-tv.de/politik/Wagenknecht-regiert-jetzt-Deutschland-mit-article25197007.html

57) https://www.stern.de/politik/deutschland/themen/sahra-wagenknecht-4541024.html