Von Dr.Dr. Heinz-Dietmar Schimanko

Autos mit Verbrennungsmotor sind im Focus vieler Klimaschützer. Dabei kommt eine mehrfache Inkonsequenz zum Ausdruck. Einerseits beim Propagieren von Elektroautos, wenn der hohe Bedarf an zum Teil nur aufwändig abbaubaren Rohstoffen für die Akkumulatoren und die aufwändige Entsorgung abgenutzter Akkumulatoren sowie der "verlängerte Auspuff", die großteils umweltbelastende Erzeugung des elektrischen Stroms für den Antrieb der E-Autos unberücksichtigt bleiben (Hans-Werner Sinn: "Der schmutzige Auspuff liegt nur etwas weiter entfernt im Kohlekraftwerk", Business Insider Deutschland, Hans-Werner Sinn räumt mit Mythos über E-Autos auf). Andererseits dadurch, daß andere umweltbelastende Faktoren unberücksichtigt bleiben, wie der aufwändige Transport von Gütern nach Europa, die auch in Europa erzeugt werden oder werden können, insbesondere von landwirtschaftlichen Produkten.

Co2-Bilanz im Vergleich

Es ist daher ein Vergleich von signifikanten Werten wie der Co2-Belastung angebracht. Die Werte sind Durchschnittswerte und approximativ, weil die Messungen nicht exakt sind. Der Vergleich ist großenordnungsmäßig, zumal die Werte aus verschiedenen Zeiträumen stammen und sich ändern.

Handelsschifffahrt

Rund 50.000 Handelsschiffe, davon über 5.400 Containerschiffe, schippern über die Ozeane (Stand 2021), und zu 33 Prozent liegt einer der Zielhäfen des weltweiten Schiffverkehrs in der EU (Bettina Eisenschmidt, Globaler Güterverkehr: Schifffahrt und ihre Gefahren für Klima und Umwelt, Einfach Verantwortungsvoll). Von diesen Containerschiffen geht eine hohe Umweltbelastung aus (Lukas Bay, Schwimmende Klimasünder – CO2-Emissionen der Schifffahrt wachsen, Handelsblatt 10.12.2019).

Die größten Containerschiffe haben eine Transportkapazität von mehr als 20.000 TEU. TEU bedeutet „Twenty-Foot Equivalent Units", also 20-Fuß-Standardcontainer (Bettina Eisenschmidt, aaO).

Der konkrete CO2-Ausstoß bei einer üblichen Transportstrecke läßt sich mit zwei Beispielen von vielbefahrenen Schifffahrtsrouten veranschaulichen (zu einzelnen Handelshäfen siehe Transway Internationale Spedition GmbH, Lexikon Häfen). Von Hong Kong nach Hamburg legt ein Containerschiff eine Strecke von rund 21.000 km zurück, von Buenos Aires nach Rotterdam eine Strecke von rund 12.000 km (zur Berechnung siehe SK Schiffsvermittlung, Seemeilenkalkulator; 1Sm=1.852km).

Laut dem deutschen Umweltbundesamt stößt ein Containerschiff, das eine Anzahl an 20-Fuß-Standardcontainern von 3000 bis 8000 (3000-8000 TEU) faßt, 17 g CO2 pro transportierter Tonne (t) Güter pro Kilometer (tkm) aus (Bettina Eisenschmidt, mN). Ein Containerschiff mit einer Kapazität von 199.744 Tonnen hat daher auf der Strecke von Hong Kong nach Hamburg einen Co2-Ausstoß von mehr als 71.300t, auf der Strecke Buenos Aires nach Rotterdam von mehr als 40.747t. Bei Einbeziehung des Retourwegs ergeben sich CO2-Emissionen von 142.600t und 81.484t.

Straßenverkehr in Österreich

Der CO2-Emissionen des österreichischen Straßenverkehrs werden vom Umweltbundesamt für das Jahr 2023 mit rund 19,8 Millionen Tonnen angegeben (Verein "Österreichs E-Wirtschaft", O2-Emissionen in Österreich ab 1990). Davon hatten im Jahr 2022 der PKW-Verkehr einen Anteil von etwa 55%, der LKW-Verkehr einen Anteil von etwa 33 % und leichte Nutzfahrzeuge (Traktoren, Baumaschinen) einen Anteil von 7 % (vgl. Umweltbundesamt, Verkehr beeinflußt das Klima).

Demnach ist die CO2-Emission von 139 Fahrten mit Containerschiffen von Hong Kong nach Hamburg und zurück und von 243 Fahrten mit Containerschiffen von Buenos Aires nach Rotterdam und zurück jeweils gleich hoch wie die CO2-Emission des gesamten österreichischen Straßenverkehrs in einem Jahr. Bezogen auf ein Monat ergibt sich, daß bei etwa 11 Fahrten mit Containerschiffen von Hong Kong nach Hamburg und zurück und bei 20 Fahrten mit Containerschiffen von Buenos Aires nach Rotterdam und zurück jeweils so viel CO2 emittiert wird, wie durch den gesamten Fahrzeugverkehr in Österreich in einem Monat.

Für eine genaue Beurteilung wäre es erforderlich, zu eruieren, welche mit Containerschiffen transportierte Waren in welchem Umfang in Österreich gehandelt oder konsumiert werden, und welcher Anteil der CO2-Emissionen auf diese Waren entfällt. Aber mit diesem Vergleich werden die Dimensionen plakativ dargestellt.

Frage des Bedarfs

Und daraus ergibt sich, daß die Frage sinnvoll ist, welche Waren nicht mehr von weit entfernten Orten über das Meer nach Europa transportiert werden sollten, weil es vorteilhafter ist, sie in Europa zu produzieren. Vorteilhafter für den Umweltschutz und vorteilhafter für die europäische Industrie. Letzteres setzt freilich voraus, daß die Produktionsbedingungen für Unternehmer soweit verbessert werden, daß es für sie nicht rentabler ist, die in Europa verkauften Waren in Fernost produzieren und nach Europa transportieren zu lassen.

Landwirtschaft

Für die Landwirtschaft in Europa ist die Beantwortung der Frage klar. Es wäre eine längst angebrachte Stärkung der jeweiligen heimischen Landwirtschaft, wenn nicht von fernen Orten in Asien oder Amerika Futtermittel für Nutztiere oder Nahrungsmittel (Fleisch, Gemüse, Obst) importiert werden, die auch in Europa verfügbar sind oder verfügbar gemacht werden können, sondern der Bedarf an Futtermitteln und Nahrungsmitteln prioritär möglichst aus regionalen landwirtschaftlichen Produkten des eigenen Staats gedeckt wird, und subsidiär aus dem europäischen Ausland und dem Mittelmeerraum. Damit könnten primär regionale Wirtschaftskreisläufe des Landwirtschaftssektors aktiviert werden.

Das erfordert eine Adaptierung des Konsumverhaltens auf den Erwerb nur solcher Produkte und auf saisonale Unterschiede wegen der je nach Jahreszeit unterschiedlichen Verfügbarkeit von Produkten. Saisonale Unterschiede können aber auch durch Reaktivierung traditioneller und ansonsten moderner Konservierungsmethoden ausgeglichen werden.

Diese Adaptierung erfordert auch einen partiellen Konsumverzicht auf einzelne Nahrungsmittel, wie einzelne Obstsorten (z.B. Ananas, Bananen, Mango und Papaya) oder bestimmte Nüsse oder exotische Gewürze. Ein solcher Konsumverzicht ist aber ohne größere Bedürfniseinschränkung zu bewerkstelligen, weil manche dieser Produkte leicht entbehrlich und andere durch gleich- oder höherwertige einheimische Produkte substituierbar sind. So sagte bereits der Agrarpolitiker Anton Reinthaller in den 1930er Jahren: "Warum soll man ausgerechnet Bananen essen, wenn der Apfel des deutschen Bauern eine köstliche Frucht ist."

Der Import aus ferneren Regionen wäre dann im wesentlichen auf Produkte beschränkt, die nicht in Europa oder im Mittelmeerraum verfügbar gemacht werden können und schwer entbehrlich sind, wie Kaffee oder Kakao, oder auf unentbehrliche Produkte, wenn und solange diese nicht in ausreichendem Umfang in Europa verfügbar sind und nicht durch dort verfügbare Produkte substituierbar sind, wie einzelne Gemüse- oder Obstsorten durch andere.

Zu Reinthallers Lebzeiten waren freilich noch viel mehr Menschen dem Landwirtschaftssektor zuzuordnen. Nach dem Zweiten Weltkrieg war ein Drittel der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft tätig, und es waren 40% der Bevölkerung der Landwirtschaft zuzurechnen (Erwerbstätige und deren Kinder sowie Bäuerinnen, Bauern, Mägde und Knechte im Ausgedinge). Heute sind in Österreich nur noch 3,1% der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft tätig (Sandra Ahrens, Statistiken zum Thema Landwirtschaft in Österreich, Statista 22.08.2024), in Deutschland 1,2% (Sandra Ahrens, Landwirtschaft: Struktur und Strukturwandel, Statista 22.04.2025).

Weiterführende Informationen

Beim teilweise erfolgenden Transport von Nahrungsmitteln per Flugzeug, vor allem von schneller verderbenden, fällt die Bilanz freilich noch schlechter aus (siehe Leena Volland, Lebensmittel-Transporte mit dem Flugzeug: Eine Infografik, Nachhaltig-sein.info).

Zum Agrarmarkt Obst und Gemüse generell siehe Marktberichte der Agrarmarkt Austria, ama.at.

Zu Detailfragen des Außenhandels mit Nahrungsmitteln und Themenstellungen Versorgungssicherheit und Selbstversorgung Österreichs siehe Fachverband der Nahrungs- und Genußmittelindustrie Österreichs, Agrarrohstoffe: Vieles muss importiert werden, 04.05.2023.