Von Redaktion auf Freitag, 28. April 2023
Kategorie: KW 17

Ein jeder ist einmal unentspannt – selbst die Edelmetallmärkte

Die meisten von Ihnen werden jetzt sagen „unentspannt? Ich? Nie aber mein(e) ………"
Dabei trifft uns diese Anspannung doch alle nur wir geben es halt nicht gern zu. Wer es aber immer wieder zugibt, bzw. offen zeigt, dass die Anspannung manchmal zu groß ist, sind die standardisierten Märkte – wenn man ihre Signale zu deuten weiß. Da machen die Edelmetallmärkte auch keine Ausnahme.

Heute wollen wir uns diese Unentspanntheit einmal am Goldmarkt vorknöpfen. So wie wir Menschen sind wir auch die Märkte nie ohne Grund angespannt – so wie bei uns Menschen liegt eine solche Stress-Situation nach actionreichen Tagen und Wochen vor. Und genau so eine Phase finden wir jetzt beim Goldmarkt vor.

Wie Märkte auf Stress signalisieren
Nach einem sehr aktiven März/April mit starken Zuwächsen (13 % in 26 Handelstagen) kam es Mitte April natürlich zu einem gewissen Spannungszustand, welchen man – im Gegensatz zum Menschen – bei Märkten sehr leicht mathematisch (und somit graphisch) erklären kann. In unserem Falle hat der Goldpreis es wie folgt signalisiert (sehen Sie dazu auch den Chart):

  1. durch überbordende Indikatoren wie (in diesem Falle) das Momentum (blauer Pfeil)
  2. dadurch, dass der Goldpreis das obere Band seiner Standardabweichung (gelb) zum zweiten Male verlässt (roter Pfeil) und auch darüber schließt (13.4.) – sehr selten beim Gold.
  3. die Standardabweichung (gelbe Bänder) verlief zu dieser Zeit schon horizontal und nicht mehr ansteigend, was in Kombination ein untrügliches Zeichen dafür ist, dass die Spannung zu groß ist und eine dringend nötige Konsolidierung (Entspannung) eingeleitet wird
  4. aber auch dadurch, dass der Abstand zwischen der oberen und unteren Standard-Abweichung sehr groß ist (siehe Chart die gelben „Envelopes") eine s.g. Blasenbildung. Diese zeigte ich schon Anfang April und indizierte auch, dass irgendetwas passieren müsse.


Wie auch beim Menschen (ich möchte an dieser Stelle nicht näher drauf eingehen) gibt's auch an den Märkten verschiedene Möglichkeiten einen ruhigeren Zustand herzustellen, bzw. stellen freie Märkte den Zustand von selbst her. Dazu haben die Märkte 2 Möglichkeiten. Man bedenke aber: „nicht immer, wenn sich ein Markt konsolidiert, können sich auch die Anleger zurücklehnen".

1. Beruhigung durch die Ereignisachse (Y-Achse)
Diese ist für Anleger meistens die schmerzhaftere, da die Preise dann ja ordentlich nach unten korrigieren. Entstressung für den Markt aber Stress für den Anleger/Beobachter. Gleichzeitig ist diese Form der Korrektur besonders effektiv denn in einem vorherrschenden Trend ist die Anspannung rasch beseitigt und es kann flugs weitergehen – außer die Korrektur verläuft zu stark und der Trend ist zerstört
Faustregel hier: mehr als 61,8 % Korrektur des Vortrends = Trendtod

2. Entspannung über die Zeitachse (Y-Achse)
Mindestens den gleichen Effekt erzielt aber die Entspannung über die Zeit (keine große Preiskorrektur aber mehrere (gemessen an den Tagen zuvor) ereignislose Tage. Auch hier können Stress-indikatoren, wie Momentum und RSI ordentlich konsolidieren was man hier sehr schön am Momentum (graue Linie unten) erkennen kann, ohne aber dem Anleger einen zu großem Preisschock auszusetzen.

Generell kann man davon ausgehen, dass, wenn ein Markt über die Zeit konsolidiert weniger Unsicherheit bezüglich des Gesamttrends vorherrscht und dass es sehr wahrscheinlich zu einer Trendfortsetzung kommen wird. Irgendwie auch logisch, da ja in dieser Korrekturphase die Marktteilnehmer kleinste Bewegungen über die Y-Achse dazu benutzen, (in diesem Falle da Haupttrend „long" ist) einzukaufen. Man lässt weniger Raum für Preiskorrekturen, was zusätzlich das Gesamt-Sentiment stärkt. So wird also gemütlich konsolidiert und je länger diese Konsolidierung dauert, desto mehr ist wieder in Richtung Gesamttrend „drin".

Dass es sich (bis heute 28.4.) um eine Konsolidierung über die Zeit handelt, kann jeder am Chart ablesen. Der Markt präsentiert sich auch ehr selbstbewusst, dennoch ist das Ende dieser Konsolidierung aber noch nicht genau abzusehen.
Aber auch hierfür gibt es eine Faustregel: wenn während der Seitwärtsphase – besonders gekennzeichnet durch die beiden gelben (im Moment fast horizontal verlaufenden Bänder) sich eng zusammenziehen, hat der Preis vollständig ausgeatmet (kennen wir aus der Meditation) und die totale Entspannung ist erreicht.

Zumeist kommt es aber noch zu einem Schreckmoment, wenn der Preis das untere Band berührt – ein letzter Versuch den Trend zu ändern. Also nicht gleich paniken, wenn es einmal kurzfristig runtergeht.

Dieses Schreckmoment ist in der Regel nach 2 Tagen vorüber und dann geht's in die andere Richtung – für die Mutigen heißt's hier: (nach)kaufen. Die vorsichtigen Marktteilnehmer können dann bei der Berührung des oberen gelben Bandes getrost zukaufen und der Dinge harren.

Nach dieser aktuellen Konsolidierung erwartet und uns wahrscheinlich Großartiges. Immerhin liegen 3 % über uns die historischen Höchststände im Gold/USD aber auch im Gold/EUR. Ein Durchbrechen in beiden Währungssystemen wäre ein massives Eingeständnis, dass der Goldpreis höhere „Weihen" erreichen muss – bzw. dass die Währungen gegenüber dem einzig wahren, gottgegebenen Geld devaluieren.

Trotz dieser phantastisch aussehenden Markttechnik wäre es unseriös NICHT zur Vorsicht zu mahnen, denn

  1. kommt's oft anders als man denkt und
  2. gilt 1. besonders in Märkten, die von wenigen Marktteilnehmern dominiert werden und
  3. gewinnen die Punkte 1 und 2 noch mehr an Bedeutung, wenn es sich bei der dominanten Kraft um Politik und „Währungshüter" handelt.


Aber lassen wir uns von der für mich verpflichtenden Warnung nicht die Stimmung vermiesen, die Lage sieht momentan sehr gut aus und für Spannung ist gesorgt.

Ich darf Ihnen für die nächsten Wochen eine gute Unterhaltung wünschen und einen satten Zugewinn – wenn geht sollte dieser in der Konsolidierungsphase ein Zugewinn in Mengen- bzw. Gewichtseinheiten sein (Schwäche kaufen), denn ein Zugewinn in einer lustigen Verrechnungseinheit namens US-Dollar oder Euro ist schließlich nur das halbe Vergnügen!

Euer
Thomas Bachheimer