Der Bondaffe
Folgender Artikel der n-tv-Redaktion stach mir diese Woche ins Auge, welcher einer genaueren Untersuchung bedarf
https://www.n-tv.de/wirtschaft/Warum-der-Goldpreis-steigt-und-steigt-article24801639.html
Schauen wir uns das einmal an:
Warum gehen die Fachleute davon aus, dass der Goldpreis stabil auf hohem Niveau bleibt?
Hohe Nachfrage: Die Nachfrage bleibt hoch, obwohl Anlagen in Gold keine Rendite abwerfen.
Gefällt mir: „Gold bringt keine Zinsen. Und jetzt bringen Anlagen in Gold auch keine Rendite". „Was dann?", fragt man sich. „Sind das überhaupt Kurs- oder Preissteigerungen oder handelt es sich nur um höhere Goldpreisnotierungen?"
Also, wie errechnet sich eine Rendite oder eine Verzinsung? Wissen das die Experten, Fachmänner, Fachfrauen und Finanzspezialisten? Es wird schwierig, dann man müsste vorher klären auf welcher zeitlichen Basis eine Berechnung basieren soll? Auf jährlicher Basis? Oder darf es auch auf zweijähriger Basis sein? Oder nur monatlich? Ich habe in meiner Banklehre vor 40 Jahren gelernt „per anno, p.a.". Aber ob das heutzutage noch gültig ist?
Wenn jetzt aber Gold PLÖTZLICH EINE RENDITE ABWERFEN würde, ginge dann die Nachfrage zurück?
Auch das hat mir gefallen, weil es an seichter Argumentation kaum mehr zu überbieten ist: „Nach einer Reihe von enttäuschenden Konjunkturdaten aus den USA verstärkte sich die Spekulation auf sinkende Zinsen durch die US-Notenbank Fed. Außerdem verdichteten sich zuletzt Hinweise, dass auch die Europäische Zentralbank im Juni ihre geldpolitische Wende einläuten und die Zinsen wieder senken dürfte."
Im Übrigen bekommt die klassische volkswirtschaftliche Flurfunktheorie durch die Formulierung „zuletzt verdichtete Hinweise auf eine Wende" ihre Daseinsberechtigung. Bleibt zu hoffen, dass die „nebulöse geldpolitische Hinweisverdichtung" in der EZB bis Juni Bestand haben wird.
Und es scheint auch so zu sein, dass der Goldpreis irgendwie an der Zinsentwicklung der US- Notenbank Fed zu hängen scheint. Welche „Zinsen" sind da gemeint? Wahrscheinlich die „Leitzinsen". Na gut, dem unwissenden Leser kann man alles verkaufen. Ist doch egal welcher „Zins". Wen interessiert das?
Wir lernen: „Sinkende Zinsen führen zu höheren Goldpreisen". Ich meine in der klassischen Theorie ist es eher umgekehrt. Höhere Zinsen bedingt durch höhere Inflation führen zu höheren Goldnotierungen bzw. Goldkursen bzw. Goldpreisen. Eben weil der Goldpreis ein Barometer für die Inflationsentwicklung darstellt.
Der Goldpreis als Kompensationsmittel und Wertausgleich für hohe Inflationszahlen. Das war schon immer plausibel und ist auch der Standard-Argumentations-Klassiker. Doch im ganzen Bericht von n-tv liest man nichts über Inflation. Das haben die n-tv- Wirtschaftsressortstudierenden wohl vergessen oder noch nicht gelernt? Kann schon mal vorkommen. Welcher Leser weiß das schon oder noch?
Ganz klar, daß die „Huthi-Rebellen aus dem Jemen" unbedingt dort vorkommen müssen. Egal ob die Huthis sich das Gold selbst unter den Nagel reißen würden oder „durch ihre Aktionen die Nachfrage nach dem gelben Metall stützen" (diesen Blödsinn kann ich plausibel nicht nachvollziehen) es gilt: „Die Huthis sind schuld". Das sind „rechte" Preistreiber.
Ein Oberknaller ist auch die Totschlagformulierung: „Je kleiner die Kapitalmarktzinsen sind, desto attraktiver wird der Kauf von Gold." Eigentlich müsste es heißen „je niedriger die Kapitalmarktzinsen...", aber wieso wird der Kauf von Gold dadurch „attraktiv"? Glänzt Gold dann stärker „je kleiner" die Kapitalmarktzinsen sind?
Wieso überhaupt „Kapitalmarktzinsen"? Was ist mit den Geldmarktzinsen? Müssen die auch „klein" sein oder dürfen die auch hoch sein? Wir brauchen nicht weiterdenken, denn bei „inverser Zinsstrukturkurve" setzt das studierende Denken bei den n-tv-Wirtschafts- und Börsenschreibenden höchstwahrscheinlich aus. „Maximum Brain-Overload with Maximum Thought-Downfall". Ich höre schon Hirn aufschlagen.
Und die Rohstoffexpertin bei der Commerzbank hebt die hauseigene Goldpreisprognose von 2100 Dollar je Feinunze auf 2200 Dollar an. Ja Saxndi, welch unglaubliche Entscheidungs- und Entschlussfreudig- und fähigkeit muss dort gedanklich bei der Fachfrau stattgefunden haben? Aktuell (13.03.2024 / 22:30 MEZ) notiert der Preis bei 2.174 US-Dollar. Da muß viel Überwindung dabei gewesen sein, wenn man so eine gewagte Prognose in den Raum stellt.
Das kann nicht jede. Ach was, das muß man sich erst mal selbständig trauen. Nicht das der Chef sagt das ist falsch?
Zumindest waren Gold-ETFs als Preistreiber argumentativ nicht zu erkennen. Zumindest kommen ETFs im Artikel nicht vor. Bei den ETFs ist das wie bei den Huthis. Wenn noch ein paar Wörter oder Buchstaben in Marktberichten oder Marktanalysen fehlen, machen sich ETFs als „Satzfüllstoff" immer gut.
Bei Gold widersprechen sich die Experten bzw. Verkäufer von Finanzprodukten. Hier kommen auch psychologische Verkäufertricks zum Einsatz. Das geht so. Wenn Sie jemanden eine überkaufte Aktie verkaufen wollen, müssen Sie der Person einen Aktienkursverlauf oder Aktienchart zeigen, in dem der Kurs der Aktie schon stark gestiegen ist. Argumentation: „Die Aktie steigt weiter". Wenn Sie dasselbe bei Gold machen, sagt der Kunde schon bei Vorlage des Charts: „Gold ist doch jetzt viel zu teuer, oder?" So funktioniert das bei Gold. Auch Kryptowährungen kann man sehr gut verkaufen mit dem Verweis, dass der Kurs/Preis schon gestiegen ist und weiter steigen wird.
Auch die Überschrift des Artikels ist in diesem Kontext schon witzig: „Analysten heben Prognosen an Warum der Goldpreis steigt und steigt". Im Artikel liest man aber nichts von „steigenden und steigenden" Goldpreisen. Sonst hätte man Analysten befragt und Meinungen veröffentlicht, die eine Goldpreisprognose von 2400 US-Dollar und höher abgegeben hätten. Nur die wurden nicht erwähnt. Oder durften nicht erwähnt werden.
Da kann man jetzt viel reden und viel schreiben aber checken tut die Pressefachexpertenwelt eher wenig bis nix. Der Silberpreis notiert aktuell bei genau 25,00 US-Dollar. Solls es geben, das ist immer ein „must-watch".
Was wohl die Experten, Fachmänner, Fachfrauen und Preisspezialisten dazu sagen würden? Gar nichts vorerst, die brillieren erst dann im medialen Vordergrund wenn der Preis bei 30,00 US-Dollar je Feinunze notiert. Nach dem Motto „wir haben es immer schon gesagt!"
https://www.finanzen.net/rohstoffe/silberpreis
Und doch hat der „physische Edelmetallinvestor" einen unschätzbaren bürokratischen Vorteil. Keine Bank und kein Finanzinstitut stellt ihm eine „Zins- oder Renditebescheinigung mit steuerrelevanten Daten" aus.
Das ist dann doch schön, wenn Gold keine Zinsen bringt. Und keine Rendite. Und frei nach den Habeck'schen Sternstundenökonomietheorien lässt sich argumentieren: „Nein, der Preis ist nicht gestiegen, der Kurs auch nicht, die Notierung sowieso nicht. Es ist eben alles teurer geworden. Auch Gold!"