Von Redaktion auf Freitag, 26. Mai 2023
Kategorie: KW 21

Hochverrat

Leser-Anfrage beantwortet durch Dr.Dr. H.-D. Schimanko

Ein Bachheimer.com-Leser hat sich anläslich der aktuellen Ereignisse nach dem § 81 – Hochverrat erkundigt. So exotisch diese Frage Anfang anmutet, so aktuell ist dieselbe, auch wenn man sich mental – so wie wir von b.com– fernab von Freislers Hysterie befindet. Wenn die Polit-Elite so weitermacht, wird es durchaus Chancen geben, dass wir in den nächsten Jahren einen oder mehrere Prozesse dieser Art erleben werden – hätten wir 25 Jahren auch nicht gedacht, dass wir sowas erleben würden.

Leser-Anfrage „§81 - Hochverrat"

Jede Politische Entscheidung der letzten Jahre führte nachweislich zur Beeinträchtigung des Bestandes der Bundesrepublik.

Ebenso ist der kommende Pandemie Vertrag der WHO ein klarer Eingriff in die verfassungsmäßige Ordnung.

Kann gesetzgebenden Gewalt auch als Gewalt im Sinne des 81 StGB angesehen werden? Oder darf dies so juristisch nicht interpretiert werden?


Strafgesetzbuch (StGB) -§ 81 Hochverrat gegen den Bund

(1) Wer es unternimmt, mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt

1. den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen oder

2. die auf dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland beruhende verfassungsmäßige Ordnung zu ändern, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.


Der
b.com Hausjurist Dr.Dr. H.-D. Schimanko beantwortet die Leseranfrage

1.) Hochverrat

Um einen Überblick zu bieten, gehe ich zunächst auf das Wesen des Hochverrats ein (näher ausgeführt in meinem Buch mit dem Titel "Der Fall Hueber – Görings Schwager vor dem Volksgericht").

Mit dem Delikt des Hochverrats (§§ 81, 82 dStGB; § 242 öStGB) werden verboten: jede Handlung gegen die Regierungsform oder gegen die Verfassung, die auf eine gewaltsame Änderung der Regierungsform oder der Verfassung gerichtet ist (ein Angriff gegen die Regierung oder die Verfassung – Verfassungshochverrat), jede Handlung gegen das Staatsgebiet, die auf die Losreißung eines Teiles desselben gerichtet ist (Gebietshochverrat).

Der Begriff „gewaltsam" ist in diesem Zusammenhang als rechtswidrig und gegen die staatliche Ordnung verstoßend zu verstehen.

Verboten ist damit jede Handlung, mit der auf eine gewaltsame Änderung der Verfassung oder der Regierungsform, oder gewaltsame Verringerung des Staatsgebiets abgezielt wird. Der Eintritt eines solchen Ergebnisses einer dieser Handlungen ist für die Strafbarkeit nicht erforderlich. Dieses Delikt ist ein sog. "Unternehmensdelikt". Demnach ist bereits der Versuch einer solchen gewaltsamen Änderung oder Verringerung eine vollendete strafbare Handlung.

Strafrechtlich erfaßt ist das Unternehmen eines Hochverrats als konkrete Aktion, die ab dem dazu gefaßten Entschluß besteht, der nach Ort, Zeit, Gegenstand und Methode konkretisiert ist (Theodor Rittler, Die Abgrenzung des Hochverrates von den Verbrechen nach dem Staatsschutzgesetz, Juristische Blätter 1937, 265 (267)).

Nach geltendem Recht ist darüber hinaus bereits die Vorbereitung eines Hochverrats unter Strafe gestellt (§ 83 dStGB; § 244 öStGB).

Der Hochverrat ist der Kategorie der Staatsschutzdelikte zuzuordnen, die fester Bestandteil aller Strafrechtsordnungen sind. Als Verfassungshochverrat strafbar sind Handlungen, mit denen darauf abgezielt wird, gewaltsam die gesamte Verfassung oder grundlegende Teilbereiche oder auf ihr basierende Verfassungseinrichtungen (staatliche Einrichtungen) auf Dauer außer Kraft zu setzen oder grundlegend umzugestalten. Das Delikt des Verfassungshochverrats wird im wesentlichen damit begangen, daß ein faktischer Zustand herbeigeführt werden soll, in dem die Verfassungsgrundsätze keine Gültigkeit mehr haben. Als Gebietshochverrat strafbar ist eine Handlung, mit der die gewaltsame Abtrennung eines zum Staat gehörenden Gebiets bezweckt wird. Das Delikt des Hochverrats ist mit dem Bewirken eines solchen Zustands beendet.

Damit ergibt sich, daß das mit der Strafbestimmung des Hochverrats geschützte Rechtsgut (das geschützte Ideal) die verfassungsmäßige staatliche Ordnung ist. Verboten werden damit nur Änderungen der staatlichen Ordnung, die nicht der Verfassung entsprechen und deshalb rechtswidrig sind. Erlaubt sind damit Änderungen, die auf die in der Verfassung vorgesehene Art und Weise zustande kommen.

2.) Strafbarkeit nur bei Mißerfolg

Im Regelfall kann nur mißglückter Hochverrat geahndet werden (Bernd Wieser, Der Begriff „Verfassung" in § 242 StGB (Hochverrat), Österreichische Juristenzeitung 1989, 354 Pkt. I). Dazu Theodor Rittler, Die Abgrenzung des Hochverrates von den Verbrechen nach dem Staatsschutzgesetz, Juristische Blätter 1937, 265 (266): „Denn als Hochverrat beurteilt wird immer nur das mißglückte Unternehmen. Hat es dagegen zum Ziel geführt, ist es aller Strafbarkeit entrückt. Mit der Vernichtung des Staates in seiner alten Gestalt wird es ex post gewissermaßen legalisiert." Hochverrat ist also das einzige Delikt, das nicht geahndet wird, wenn es erfolgreich durchgeführt wird.

3.) Staatsgewalten

Mit Gewalt ist bei dieser Bestimmung also nicht eine der Staatsgewalten (Gesetzgebung, Verwaltung, Rechtsprechung) gemeint, sondern das Mittel zur Durchführung einer der vorstehend angeführten Aktionen. Es ist eben das Mittel der Änderung der staatlichen Ordnung, das ausschlaggebend ist. Ist dieses Mittel rechtswidrig, ist die Aktion, mit der eine solche Änderung bezweckt wird, ein unzulässiger Umsturzversuch. Ist dieser Umsturzversuch nicht erfolgreich, kann man von den Einsatzkräften und Gerichten der staatlichen Ordnung, gegen die man agiert hat, zur Verantwortung gezogen werden. Ist der Umsturzversuch erfolgreich, bleiben die daran Mitwirkenden straffrei, weil sie ja dann die neue staatliche Ordnung bestimmen.

4.) Rechtliche und politische Verantwortung

Wenn Politiker eine staatliche Funktion ausüben, haben sie die geltenden Rechtsvorschriften, allen voran die geltende Verfassungsordnung einzuhalten. Tun sie das nicht, betreiben sie keinen Hochverrat, sondern sind, falls sie in bestimmten führenden Positionen tätig sind, von den parlamentarischen Volksvertretungen mit Anklage beim Verfassungsgericht (zB Anklage gegen den Bundespräsidenten nach Art. 61 GG oder nach Art. 63, 68 B-VG; Anklage gegen Mitglieder der Bundes- oder einer Landesregierung nach Art. 142 B-VG) oder ansonsten von den Strafverfolgungsbehörden (zB. wegen Rechtsbeugung nach § 339 dStGB oder Amtsmißbrauch nach § 302 öStGB) zur rechtlichen Verantwortung zu ziehen.

Soweit sie als Regierungsmitglieder dabei einen Beurteilungsspielraum haben, unterliegen sie der politischen Verantwortung und können von der Mehrheit der gewählten Volksvertreter abberufen werden (Art. 64, 67, 69 GG, Art. 74 B-VG), insbesondere wenn sie dem wohlverstandenen Gemeinwohl zuwider handeln.

Die Effizienz dieser Bestimmungen setzt gelebte Demokratie voraus, bei der Interessen am Gesamtwohl des Volkes über persönliche Interessen oder Parteiinteressen oder Interessen fremder Mächte gereiht werden. Bei unserem von Parteipolitik zersetzten Staatswesen funktioniert die demokratische Kontrolle nicht ideal oder gar nicht.

Und diese Fehlfunktion hat kaum Konsequenzen, weil die Masse nicht ausreichend gebildet oder zu oberflächlich ist, und sich daher zu leicht beeinflussen oder überhaupt manipulieren lässt. Und dann besteht eben das generelle, in unseren Zeiten besonders virulente Problem, dass Politiker nicht geprüft sind, sondern gewählt.