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„Nach der Zinserhöhung ist vor der Zinserhöhung - von der Macht des Erhöhungspotentials“

„Nach der Zinserhöhung ist vor der Zinserhöhung - von der Macht des Erhöhungspotentials“

Der Bondaffe

Als Leser dieses Artikels fragen Sie sich jetzt, was damit gemeint ist? Ich meine das Originalzitat stammt vom ehemaligen deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder und lautete: „Nach der Wahl ist vor der Wahl". Er wollte wohl damit ausdrücken, dass man sich als Politiker ständig im Wahlkampf befinde. Bei meiner Recherche zum Urheber des Zitats bin ich dann auf einen Ausspruch von Angela Merkel gestoßen (auch ehemalige deutsche Bundeskanzlerin), welches lautet: Man kann sich nicht darauf verlassen, daß das, was vor den Wahlen gesagt wird, auch wirklich nach den Wahlen gilt, und wir müssen damit rechnen, daß das in verschiedenen Weisen sich wiederholen kann."

Das, was die beiden Herrschaften von sich gegeben haben, gilt nicht nur in der Politik, man darf es auch auf die „Zinspolitik" der internationalen Zentralbanken übertragen. Der Begriff „Politik" steht übergreifend im Raum und man fragt sich, was das überhaupt ist?

Wikipedia weiß Rat: „Politik bezeichnet die Strukturen (Polity), Prozesse (Politics) und Inhalte (Policy) zur Regelung der Angelegenheiten eines Gemeinwesens – etwa eines Staates oder einer Verwaltungseinheit – durch verbindliche und auf Macht beruhende Entscheidungen."

https://de.wikipedia.org/wiki/Politik

Schnell gelangt man zum Begriff „Polizei", aber ich will nicht abschweifen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Polizei

„Politik" ist immer schwammig. Man kann es keinem Recht machen. Man kann sich als Bürger nicht darauf verlassen, dass das, was vor freiheitlich-demokratischen Wahlen im Rechtsstaat gesagt wurde, später gilt und umgesetzt wird. Das ist ein wesentliches Merkmal dieser Demokratie, der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Oder sollte es „Basischaos" heißen? „Politik" verlangt vom Grundsatz her „Entscheidungen" (Nichtstun, verzögern, hinausziehen, nichts sagende Formulierungen sind ebenfalls Entscheidungen). Überbringer dieser Botschaften ist der „Entscheidungsträger". Was heißt, dass in den oberen Hierarchien jeglicher Politik mutige Entscheidungsträger gefragt sind. Ganz gleich welchen Geschlechtes, was wohl bedeutet „mehr Schlecht als Recht". Wobei es zum Schluss immer an Einem oder Einer hängen bleibt getroffene Entscheidungen zu verkünden.

Absolut wichtige systemische „Politik" wird in Gremien gemacht, in denen die Wortteile „Zentral" und „Rat" zu finden sind, Systemische Politik" kommt ohne eine „Zentrale" und einen, für das gemeine Volk verständlichen, „Zentralrat" gar nicht aus. Die Räte treffen die Entscheidungen. Meinen wir? Sehr wahrscheinlich folgen die Räte aber „Weisungen" von übergeordneten Stellen. Schließlich will das ganze internationale Finanzsystem einheitlich koordiniert werden. Ein „Rat" wäre sozusagen kein einzelner Entscheider oder ein Entscheidungsgremium, er oder es befolgt aber die „Rat-Schläge" von weiter oben. Wer weiß schon, welche Empfehlungen die „(Zentral-)Bank der Zentralbanken", die „Bank für internationalen Zahlungsausgleich" mit Sitz in Basel in der Schweiz, an die „angeschlossenen Zentralbanken" abgibt? Schließlich besteht der Verwaltungsrats (Stand Februar 2022) dieser „Bank" u.a. aus folgenden Mitgliedern: EZB-Präsidentin Christine Lagarde, Bundesbankpräsident Joachim Nagel, Präsident der Schweizerischen Nationalbank Thomas Jordan sowie der Präsident der Fed Jerome Powell.

https://de.wikipedia.org/wiki/Bank_f%C3%BCr_Internationalen_Zahlungsausgleich

Damit bekommt die Überschrift des Artikels eine andere Bedeutung: „Vor dem Zinsentscheid einer nationalen Notenbank kommt der (abgestimmte) Zinsentscheid in der BIZ".

In Zentralbankratsgremien darunter gibt es dann „Falken" und „Tauben". Die einen stehen für eine „strenge Geldpolitik", die anderen mehr für eine „lockere Geldpolitik".

https://www.ig.com/de/trading-glossar/falken-und-tauben-definition

Das ist jetzt Show fürs „allgemeine Volk", Unterhaltung und Verblödung pur, aber man sollte beim Falken über ein paar Ecken weiterdenken. Denn der Falke ist in diesem Fall wohl das Symbol „der Autorität", dem die Räte folgen (müssen). Ein jahrtausende altes Symbol, aber wir wollen uns hier nicht mit ägyptischer Mythologie beschäftigen. Zum Schluss läuft eh wieder alles auf die erfundenen Lügengeschichten von Isis, Osiris und Seth hinaus, da auch diese Gestalten nur eine Erfindung der Autorität sind. Es waren aber schon „Zentrale" Götter aus einer anderen Zeit. Wenn sie nicht zig Jahre lang mit innerfamiliären Konflikten beschäftigt gewesen wären, hätten die alten Pharaonen gute Zentralräte abgegeben.

Nebenbei: Vor wichtigen Börsen wie der Frankfurter Wertpapierbörse findet man als Symbol des Wertpapiermarktes einen Bullen und einen Bären. Den Bären kann man vergessen, dieser hat kaum eine Bedeutung, der ist so wichtig wie „Balu der Bär" im Disney Film „Das Dschungelbuch". Der Stier aber ist ein mächtiges Symbol, schließlich hat sich laut Ilu-Lehre einer des Teufels Oberschergen die Maske eines Stieres aufgesetzt um die verlorenen Menschenseelen in den Weiten des Weltenalls zu suchen. Der Bulle als Symbol steigender Kurse, aber auch der Gier und krankhafter Geldsucht.

„Nach der Zinserhöhung ist immer vor der Zinserhöhung". Glauben Sie (eine religiöse Fragestellung übrigens, die Autorität macht das immer so) der Zinserhöhungszyklus der Europäischen Zentralbank wäre mit der Entscheidung vom Donnerstag, den 14. September 2023, zu Ende gegangen?

http://www.leitzinsen.info/

Natürlich weiß das niemand. Es könnte schon sein. Nur habe ich keine konkreten Äußerungen vernommen. Aber letztendlich ist es ganz einfach. Solange die Inflationszahlen hoch bleiben, solange wird man an Leitzinserhöhungen nicht drum herum kommen. In den „Industrienationen" wie den USA oder den Ländern der EUROZONE hat dieser Mechanismus die letzten Jahrzehnte stets funktioniert. Man könnte auch sagen, es handele sich um einen Gehirnwäschemechanismus und man hat die breite Masse wie einen Hund konditioniert. Die große Masse hat gelernt, auch wenn es schon länger her ist, dass sich „hohe Inflationszahlen von alleine auslaufen" und nicht dauernd anhalten. Die Leitzinsen werden solange erhöht bis das Inflationsgespenst im Griff der Zentralbank ist und dann können die Leitzinsen wieder gesenkt werden. Das ist sehr vereinfacht dargestellt, aber so wird's gemacht. Auf die Zentralbank ist eben Verlass.

Wenn es aber nicht mehr funktioniert? Was dann? Zumindest sieht man das aktuell in der Türkei. Das liest sich dann so:

„In der Türkei hat sich die hohe Inflation weiter beschleunigt. Die Verbraucherpreise stiegen im August verglichen mit dem Vorjahresmonat um 58,9 Prozent, teilte das Statistikamt heute in Ankara mit. Im Juli hatte die Teuerungsrate noch bei 47,8 Prozent gelegen."

https://www.tagesschau.de/wirtschaft/konjunktur/inflation-tuerkei-anstieg-100.html

Man sollte genau lesen. Die Jahresinflationsrate auf Vorjahresmonatsbasis liegt aktuell bei absurden 58,9%. Und, noch wichtiger, die hohe Inflation hat sich weiter beschleunigt. Der Kursverfall der türkischen Lira zum US-Dollar oder zum EURO ist dramatisch, aber aus Sicht der Politik alles halb so schlimm. In der Türkei ist man an einen Punkt angekommen wo es völlig egal ist, wer oder was für die hohe Inflation verantwortlich ist und die Preise weiter nach oben antreibt. Schließlich nährt mittlerweile die Inflation die Inflation. Die Politik war zu sehr mit sich selbst und der Wiederwahl beschäftigt, deshalb hat man die Leitzinsen bis zur Präsidentenwahl im Mai 2023 niedrig bzw. unten gehalten. Die Leitzinsen waren bei surrealen 8,5% fest betoniert und mit Wiederwahl von Amtsinhaber Erdoğan ging es dann flott mit neuem Personal und der neuen Chefin Hafize Gaye Erkan auf aktuell 25%. Die Frau traut sich was und hat Mut, im Gegensatz zur 0,25-Tänzelkurs-Taktik von EZB-Chefin Christine Lagarde. Genützt hat es nichts mehr, denn (wie gesagt) die „hohe Inflation beschleunigt sich aktuell weiter". Und auch bei der BIZ in Basel dürften sich schon viele Schweißperlen auf den Hirnen und Stirnen gebildet haben.

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/913945/umfrage/leitzins-der-zentralbank-der-tuerkei/

https://de.wikipedia.org/wiki/Pr%C3%A4sidentschaftswahl_in_der_T%C3%BCrkei_2023

Um die Wahl zu beeinflussen, haben die herrschenden Politiker sogar die nationalen Goldreserven angegriffen um einen Währungsverfall der Lira zu verhindern.

https://www.handelsblatt.com/finanzen/maerkte/devisen-rohstoffe/verfall-der-lira-warum-die-tuerkei-vor-der-wahl-tonnenweise-gold-verkaufte/29153244.html

Wie schnell sich der Außenwert der türkischen Lira aufgelöst hat, sieht man in diesem Chart.

https://www.finanzen.net/devisen/us_dollar-tuerkische_lira-kurs

Nehmen wir einen Durchschnittskurs von 19 Lira bis zum Wahltermin und vergleichen ihn mit 27 Lira aktuell. Macht 8 Lira Differenz und nach unten gerundete 42% Wertverlust. Einschließlich unsichtbarer Rettungsmaßnahmen der Zentralbank. Das riecht nicht nur nach Währungsschnitt, das stinkt gar fürchterlich nach Währungsreform. Verlierer sind die Sparer. Verlierer sind diejenigen, die den politischen und medialen Beteuerungen und Beschwichtigungen geglaubt haben, die nationale Währung sei sicher. Die Politik scheute niemals davor zurück, die breite Bevölkerung aufzurufen, werthaltige und wertvolle Assets wie Fremdwährungen und Gold zu verkaufen und an der eigenen Lira festzuhalten. So zum Beispiel geschehen im März und Dezember 2021.

https://www.handelsblatt.com/politik/international/inflation-praesident-erdogan-ruft-buerger-zu-ersparnissen-in-tuerkischer-lira-auf/27937812.html

https://www.n-tv.de/wirtschaft/Tuerken-sollen-Lira-mit-ihrem-Gold-retten-article22448215.html

Angeblich zur Stabilisierung und Ankurbelung der Wirtschaft. Genützt hat es, wie wir sehen, absolut gar nichts. Wer aber die Fremdwährungen behalten und nicht hergegeben hat, war auf der Gewinnerseite. Und wer Gold sein eigen nennt ist in der Türkei in punkto Werthaltigkeit immer auf der sicheren Seite. Es gibt immer mehr wertlose Lira für eine Unze Gold. Aber wer tauscht schon Gold gegen Lira? Wenn man doch Gold gegen Ware direkt tauschen kann!

https://www.goldseiten.de/kurse/Goldcharts-TRY.php

Und hier? In der EUROZONE? Ist das Licht am Ende des Zinserhöhungstunnels schon erreicht? Wohl kaum, denn: „Angesichts der hartnäckigen Inflation hat die EZB die Leitzinsen erneut um 0,25 Prozentpunkte erhöht. Doch bislang zeigt ihre Geldpolitik wenig Wirkung: Für dieses und nächstes Jahr bleibt die Teuerung hoch."

https://www.tagesschau.de/wirtschaft/weltwirtschaft/notenbank-inflation-ezb-102.html

„Die Teuerung bleibt hoch". Das ist real. Doch den Turbogang hat sie noch nicht eingeschaltet. Könnte aber kommen. Zentralbanker bzw. Zinspolitiker wissen es genau: alles ist Psychologie. Deshalb reden sie die (Inflations-)Erwartungen herunter. In der praktischen Zinspolitik mag die letzte veröffentlichte Inflationszahl noch eine mehr oder weniger wichtige Rolle spielen. Wichtig aber – und nur das ist wirklich „mega-wichtig" – sind die Inflations-ERWARTUNGEN. Denn die sind fiktiv. Und die kann man medial herunterreden:

Das WÜRDE sich dann so lesen: die „neueste Inflationsprognose" würde „erfreulich ausfallen", die „Inflationserwartungen" würden „gesenkt", das „Zwei-Prozent-Inflations-Ziel" wäre bald erreicht, Preistreiber wie Energie- und Nahrungsmittel sind schon im Absinken begriffen, möglicherweise lege man bald eine Zinspause ein, nur niedrigere Zinsen würden die Wirtschaft ankurbeln. Und natürlich die „Kerninflation", bei der man ein langfristiges Entspannungspotential erkennen kann.

Wenn die Zinsen nicht gesenkt werden (können) und weitere Erhöhungsmaßnahmen geplant sind, ohne dies genau zu sagen, aber für die Profis erkennbar macht, dann lesen Sie den letzten obigen Link bei „tagesschau.de". So liest es sich wenn man auf 5% Leitzins zusteuert, denn von einem Päuschen bei 4,75% ist nicht die Rede, wie man aus folgendem Text herauslesen kann.

„Um die Entscheidung wurde allerdings heftig gerungen. Viele Ratsmitglieder hatten für eine Zinspause plädiert und wollten auf weitere Daten warten. Doch eine Mehrheit entschied sich schließlich für den Zinsschritt."

Also, Ruhe im Sitzungssaal, diese Mehrheit hat ratz-fatz eine Zinserhöhung beschlossen. Das Ringen dauerte wohl nur ein paar Sekunden.

Ich mag Mainstream-Artikel wie den folgenden (das ist im Übrigen die neueste Manipulationsmethode um lästige Nachfrager abzuwimmeln, in dem man Sätze mit „Was ist .....?" beginnt.)

https://www.forbes.com/advisor/de/geldanlage/was-ist-leitzins/

Irgendwie mag ich die Seichtigkeit und Oberflächlichkeit dieser Artikel. Das faszinierende, gruselige Geschwafel der Experten, der Fachmänner und Fachfrauen. Das wird viel gesagt, viel erklärt, viele Deutungen vorgenommen, alles aus dem theoretischen Vokabular im ersten Volkswirtschaftsstudiengrundsemester. Nicht dass das alles falsch ist. Im Gegenteil. Obiger Artikel ist weit umspannend, es gibt sogar einen Energiespartip ("Energie sparen - Reduziere Deinen Verbrauch von Strom, Gas und Benzin soweit möglich"), weil die aktuelle Inflation angeblich „angebotsinduziert" ist. Ich würde sagen, die aktuelle Inflation ist „momentum-getrieben". Beides klingt gut, ist aber Schwachsinn. Misstrauisch sollte man werden, wenn „vorgenommene Maßnahmen" mit seichten volkswirtschaftlichen Modellen samt Erklärungscharakter erkennbar werden. Das sind Beruhigungsmaßnahmen, möglichst weit ausschweifend, auf das dann Aussagen von EZB-Chefin Christine Lagarde wie „Die zukünftigen Beschlüsse des EZB-Rats werden dafür sorgen, dass die EZB-Leitzinsen so lange wie erforderlich auf ein ausreichend restriktives Niveau festgelegt werden" auf den weiten Feldern der Experten mit viel Platz im Artikel zu den „erfreulichen Inflationserwartungen" untergehen. Dabei ist aus den Äußerungen der EZB-Chefin eher das Gegenteil zu erwarten.

Was in diesen Artikeln aber nicht geschrieben steht ist der Umstand, dass gerade die EZB bis zur Corona-Krise im Jahr 2020 mit ultraniedrigen und teilweise auch negativen Leitzinsen billigstes Geld in die Finanzmärkte gepumpt und geschleust hat, sich daraus gigantische Geldmengenzahlen entwickelt haben, sich ebenso gigantische Immobilienkreditblasen gebildet haben, die letztendlich in ihren absoluten Zahlen inflatorische Effekte heraufbeschwören mussten. Wer zehn Maß Bier auf dem Münchner Oktoberfest in sich hineinschüttet ist eben nicht mehr nüchtern sondern stockbesoffen. Es musste nur von außen der unweigerliche auftauchende „exogene Schock" (als Einmaleffekt) eintreten und auf dieses Gebilde einwirken. Und schon begann es zusammenzufallen. Und plötzlich stiegen die Zinsen. Es stiegen die Leitzinsen, die Renditen für Staatsanleihen (und festverzinsliche Papiere aller Art) und die Kreditzinsen (und hier besonders die Immobilienzinsen). Und zwar global. Der exogene Schock hat sogar einen Namen: „Corona-P(l)andemie".

Corona war auf der Zinsseite ein gigantischer, ein traumhafter Bereicherungsfeldzug. Diejenigen Investoren und Anleger, die ein jahrzehntelanges Wissen und über wahres Expertentum in punkto „Zinszyklen" verfügten, haben wohl einen Jahrhundertreibach gemacht. Der ist so diskret, dass niemand darüber berichten wird. Aber er ist auf jeden Fall da.

„Nach dem Zinsentscheid ist vor dem Zinsentscheid". Versetzen wir uns zeitlich in die Vergangenheit zum Stichtag 16. März 2016. Das war der Tag des letzten Zinsentscheids der EZB. An diesem Tag senkte man den Hauptrefinanzierungssatz (sozusagen den Haupt-Leitzins) auf 0,00% (Null Prozent). Dann geschah sechseinhalb Jahre gar nichts. Die Entscheidungen waren nur Entscheidungen nichts zu tun und alles zu belassen. Bis zum 21. Juli 2022*. Jetzt entschied sich die EZB zum Handeln und weil sich enormer Handlungsdruck aufgebaut hatte, erhöhte man den Haupt-Leitzins gleich um +0,5% auf 0,5%. Ein eindeutiges Zeichen und Signal, dass da noch mehr kommen würde. Was bis heute anhält.

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/201216/umfrage/ezb-zinssatz-fuer-das-hauptrefinanzierungsgeschaeft-seit-1999/

*Die Datumsangabe 14. September auf de.statista.com ist nicht ganz korrekt. Die erste Erhöhung des Hauptrefinanzierungssatzes fand am 21. Juli 2022 und nicht am 14. September 2022 statt.

http://www.leitzinsen.info/eurozone.htm

Eines der absolut spannendsten Phänomene (ich übertreibe nicht was das Wort „Spannung" angeht) in der Finanzbranche, gerade im Zinsmanagement wie hier bei festverzinslichen Wertpapieren/Bonds, ist es den Zeitpunkt zu erkennen, an dem eine Zinswende stattfindet. In unserem aktuellen Fall also die Wende zum Trend höherer Zinsen auf allen Ebenen. Kann man diesen Zeitpunkt genau im voraus ermitteln oder kann man ihn vorab erkennen? Vergessen Sie es. Das geht nicht. Alles in diesem Bereich ist Psychologie. Hier in diesem Fall würde niemand freiwillig die Komfortzone niedriger Zinsen und Renditen verlassen. Es müssen schon wirklich äußerst gewichtige Gründe vorliegen und Ereignisse eintreten um eine Zinswende „hinzukriegen". Den Zeitpunkt im voraus genau zu bestimmen ist so ähnlich wie aus Kaffeesatz lesen, aber man kann im Verlauf leicht steigender RENDITEN für festverzinsliche Papiere/Bonds und einer erheblichen Verschlechterung des fundamentalen Umfelds (z.B. Staatsverschuldung mit Schwerpunkt Laufläufer, hohe Kreditaufnahmen/Ausgaben des Staates mit Kriegsfinanzierung) mit plötzlich eintretenden Inflationserwartungen (durch höhere Energiepreise) durchaus konstatieren, dass eine Zinswende von statten geht.

Dazu müssen aber die Renditen, besonders die der Staatsanleihen, im Vorfeld am besten neue historische Tiefs erreicht haben. Diese Tiefs werden nur einmal erreicht, daher historisches Tief, gefolgt von einem leichten Anstieg oder „Dahindümpeln" der Renditen. Diese Phase kann ein paar oder mehrere Monate dauern und kein Experte, kein Fachmann und keine Hausfrau würde einen Zins- bzw. Renditeanstieg prognostizieren. Denn es könnte ja wieder tiefer mit den Renditen gehen. Ein Zins- bzw. Renditeanstieg würde nicht einmal in Erwägung gezogen, weil jene „Medienkapazitäten" dieses Phänomen aufgrund der Schnellebigkeit der eigenen medialen Präsenz und kaum praktischer Erfahrung nicht kennen. Es gilt: „Die Zinsen (Bondrenditen) steigen schneller als das sie fallen" (was umgekehrt für die Kurse dieser Papiere gilt) und das ist mehr als die halbe Miete. Diese Phase kennen nur die echten, die wahren Profis, die richtigen Strategen und auch Spekulanten, die das Geschäft schon lange machen und darin auch überlebt haben und immer noch darin arbeiten. Aus meiner Sicht „wertvollstes Wissen aus der Berufserfahrung heraus" welches vor großen Verlusten im Portfolio schützen kann. Wenn auf diese Leute gehört wird. Und die haben mindestens zwei Zinswendephasen Berufserfahrung. Erst bei der dritten Zinswende ist man einigermaßen sicher in der Prognose. Nur werden dieser Warner kaum gehört.

Dabei muß man unterscheiden. Es gibt mehrere „Spielfelder" (das Wort „Markt" passt hier nicht ganz) auf denen die Zinserhöhungen stattfinden. Da ist zuerst gut und für alle sicht- und wahrnehmbar das Spielfeld der Zentralbanken. Dort wird das Niveau (Zinsniveau) über die Leitzinsen gesteuert.

Dann gibt es denn Bondmarkt, also den Markt der festverzinslichen Wertpapiere und hier ist besonders der Markt für Staatsanleihen der beste Indikator. Es gilt hier auf die Renditeentwicklung ausgewählter Länder und deren Staatsanleihen zu schauen und die wichtigsten Indikatoren sind die Staatsanleihen aus den USA, der BRD, Japan und auch der Schweiz. Das ist Champions-League. In der Bundesliga folgen Großbritannien, jetzt auch China und die Anleihen aus der EUROZONE. Der Rest interessiert als Vergleichsmaßstab und Trendindikator nicht. In der C-Liga findet man die Türkei oder Ägypten. Dort kann es zwar nicht mehr tiefer gehen (und mit den Renditen noch höher), außer es läuft auf eine Währungsreform hinaus. Dann ist auch die C-Liga spannend und nach dem Krach ist man mit einer neuen Währung und neuen Anleihen bzw. Schulden wieder im Spiel bzw. in einer der oberen Ligen. Der Bondmarkt umfasst verschiedene wichtige Laufzeitensegmente. Los geht's ab einem Jahr Restlaufzeit, gestaffelt in jährlichen Abschnitten bis zehn Jahre Restlaufzeit. Und dann gibt es klassische Restlaufzeiten wie 15, 20, 30 Jahre oder noch länger. In dieser Betrachtung konzentrieren wir uns auf die sehr wichtige deutsche Bundesanleihe mit zehn Jahren Restlaufzeit. Von offizieller Seite heißt es, dass die Zentralbank mit den Leitzinsen nur die kurzfristige Zinsentwicklung beeinflusst. Das stimmt so, aber mit Festverzinslichenaufkaufprogrammen der Zentralbanken kann man auf die Renditeentwicklung aller Laufzeiten Einfluß nehmen.

Dann gibt es noch den Geldmarkt. Das wären die Laufzeitenbereiche von einem Tag, über eine Woche, hin zu einem Monat und dann monatlich gestaffelt bis zu einem Jahr.

Natürlich gibt es noch andere Marktbereiche die als Indikatoren dienen können, aber Produkte wie Zinsswaps sind einfach zu exotisch für den „Normalbetrachter". Auch die Renditen der Staatsanleihen werden hauptsächlich über die Entwicklung an den Terminmärkten mit den „Zins-Futures" gesteuert. Das ist für den „Normalbetrachter" noch einigermaßen nachvollziehbar, wenn er ein gewisses Marktfunktionsverständnis dafür hat. Wir wollen uns hier rein auf die Renditeentwicklung konzentrieren. Zum einfacheren Verständnis kann man auch von Zinsentwicklung im Allgemeinen sprechen, doch Bonds haben eben Marktrenditen und als Ausstattungsmerkmal feste Zinssätze. Und über die Rendite und den Zins wird ein Preis errechnet. Da wird es etwas kompliziert, bleiben wir beim Begriff „Rendite" als Zinsmerkmal.

Diese drei Märkte bilden ein „lebendiges Konstrukt". Beispielsweise vielleicht vergleichbar mit einem 5.000 Meter-Lauf. Einmal ist Läufer #1 vorne, wird überholt von Läufer #2, wobei der Favorit #3 zuerst ganz zurückfällt und dann alle überholt, bevor er kurz vor dem Ziel (Türkei) hinfällt. Ich habe 5.000 Meter gewählt weil das einfach eine langwierige Sache ist. Das heißt nichts anderes als das diese Märkte „atmen" und ein Eigenleben führen. Es ist das „Eigenleben der Zinserwartungen". Nur kurz: ein früherer Kollege verwendete diesen Spruch gern, wenn bei seinen Entscheidungen etwas schief gelaufen war: „Der Markt muß atmen", war seine Ausrede und sein Chef bekam darauf Schnappatmung.

Wir halten fest: die EZB hat erstmalig am 21. Juli 2022 die Leitzinsen erhöht. Nehmen wir jetzt die 10jährige deutsche Bundesanleihe. Wann hat dort die Renditeerhöhung angefangen? In der Grafik bei investing.com ist es deutlich zu sehen, wenn man den 5-Jahres-Zeitraum anklickt.

https://www.investing.com/rates-bonds/germany-10-year-bond-yield

Ganz vereinfacht dargestellt und aus der eigenen Betrachtung heraus begann der Renditeanstieg bereits im Juli des Jahres 2021, ausgehend von einer Rendite von minus -0,5%. Aktuell sind wir bei +2,92% angelangt und das dürfte noch nicht alles gewesen sein.

Warum? Nehmen wir als Vergleich die 10jährige italienische Staatsanleihe. Auch dort begann der Renditeanstieg etwain der Jahresmitte 2021 bei einem Renditeniveau von plus +0,5%. Aktuell sind es +4,87%.

https://www.investing.com/rates-bonds/germany-10-year-bond-yield

Jetzt erkennt man Unterschiede. Erstens notiert die deutsche Bundesanleihe wesentlich niedriger bei 2,92% als die italienische Staatsanleihe bei 4,87%. Zweitens: der Leitzins der EZB beträgt 4,50%. Gibt es da Zusammenhänge?

Im Prinzip gibt es keine Zusammenhänge. Italienische Staatsanleihen notieren aufgrund Bonitätsbetrachtungen in der Rendite stets höher als deutsche Bundesanleihen. Wie hoch die Differenz ist, Spread genannt, ist allein „Marktangelegenheit". Da gibt es viele Anleger und Spieler, die für diese Rendite der italienischen Staatsanleihe verantwortlich sind und diese durch Umsätze so „gemacht" haben. Es könnten auch nur 4,2% sein. Warum notiert eine griechische 10jährige Staatsanleihe aktuell bei nur 4,34%? Fragen Sie Götter auf dem Olymp. Ich weiß es nicht, ich sehe nur dass es so ist. Sind die Griechen haushaltstechnisch besser aufgestellt als die Italiener. Scheinbar schon, aber darüber kann man ewig diskutieren und es lohnt sich nicht.

https://www.investing.com/rates-bonds/italy-10-year-bond-yield

https://www.investing.com/rates-bonds/greece-10-year-bond-yield

Auch das die italienische Staatsanleihe über dem Niveau notiert wie der Hauptrefinanzierungssatz der EZB ist wohl eher Zufall. Letztendlich lebt dieses Zins- bzw. Renditegefüge und führt ein Eigenleben. Welches auch die EZB in der Vergangenheit durch sogenannte „Wertpapierkaufprogramme des Eurosystems" gezielt beeinflusst wenn nicht sogar gesteuert hat.

https://de.wikipedia.org/wiki/Wertpapierkaufprogramme_des_Eurosystems

Auf

https://www.investing.com/rates-bonds/world-government-bonds

bekommt man eine Gesamtübersicht aller „Bonds dieser Welt" einschließlich aller verfügbaren Laufzeiten. Man kann interessante Vergleiche anstellen und sich fragen, warum die Renditen für 10jährige Staatsanleihen grundsätzlich so unterschiedlich sind (bevor Sie aufwändig ein PC-Tabelle erstellen schauen Sie bei den 10jährigen hier nach: https://www.worldgovernmentbonds.com/ )?

Man kann auch fragen, warum der Dreimonatszins in der BRD bei 3,66% liegt, die 2-Jahresrendite bei 3,25% und die 10-Jahres-Rendite bei 2,92%? Warum bringen italienische 2jährige Anleihe 4,10% Rendite wenn es für die BRD-Anleihe nur 3,25% gibt? Man kann endlos Fragen stellen und es gilt: „Es ist so wie es ist".

Aber eines sieht man auch: alle diese Laufzeitenbereiche für Geldmarktanlagen und Staatsanleihenrenditen aus der EUROZONE notieren unter dem Haupt-EZB-Leitzins von 4,5%. Da gibt es also noch Aufholpotential (10jährige Italiener ausgenommen).

Das ist enorm wichtig, denn gleichen sich die Renditen dem EZB-Leitzins an, dann kommt es zu unglaublichen und riesigen Kursrückgängen bei festverzinslichen Papieren. Und die liegen bekannterweise überall. In Lebensversicherungen, Pensionskassen, Family Offices, bei den kleinen Sparkassen und großen Genossenschaftsbanken genauso wie in den (Renten-/ETF)-Fonds der Investmentbranche. Und bei Blackrock und Vanguard. Nicht nur deutschlandweit, nicht nur europaweit, sondern weltweit. Nur die Russen dürften „das Zeug" nicht in Bestand haben. Zinsänderungsrisiko nennt sich das und die Analyseabteilungen der Investoren und Institutionen versuchen das zu messen. Um später sagen zu können, wenn die Zinsen bzw. Renditen weiter gestiegen sind und das Kind in den Brunnen gefallen ist: „Das haben wir so nicht erwartet, das war so nicht zu errechnen! Wir sind nicht Schuld!" Macht aber nichts, denn die Anleger haben den Schaden bzw. den Kursverlust der vermeintlich sicheren festverzinslichen Papiere im Portfolio.

Das ist ein interessantes Phänomen. Lautstark plärrt die EZB kryptisch hinaus: „Wir werden im Bedarfsfalle die Leitzinsen weiter erhöhen". Aber die Bondmärkte reagieren darauf nicht. Das ist so wie mit angezogener Handbremse Vollgas einen Sportwagen zu fahren. Um dann plötzlich die Handbremse loszulassen.

Nicht nur die Bondmärkte reagieren, auch die Kreditmärkte sind betroffen. Werfen wir einen auf Blick auf die Kreditzinsen bei Immobilienkrediten mit 10jähriger Zinsvereinbarung.

https://www.interhyp.de/ratgeber/was-muss-ich-wissen/zinsen/zins-charts/

Aktuell sind wir bei 4,00% in der BRD. 10jährige Bundesanleihen notieren bei 2,92%. Nehmen wir das im Moment als „status puo". Sollten jetzt die Renditen für die Bundesanleihen steigen, werden auch Immobilienkreditzinsen im gleichen Laufzeitenbereich steigen. Schließlich muss die Bank noch etwas verdienen. Die Grafik der Interhyp zeigt sehr schön, wann denn die Zinsen für Immobilienkredite gestiegen sind. Nämlich massiv ab Beginn des Jahres 2022. Und es gilt: „Die Zinsen steigen schneller als das sie fallen." Der Zinsanstieg für Immobilienkredite ist allein im Jahr 2022 von statten gegangen. In 2023 sehe ich nur eine Seitwärtsbewegung, die aber aktuell trotzdem „recht mild" nach oben verläuft. Man sollte also gedanklich in petto haben, dass die Zinsen plötzlich und unerwartet stark steigen können. Wenn ein Inflationsgespenst als „exogener Schock" in Erscheinung tritt.

In der „Lebendigkeit dieses Zinsgefüges" gibt es Vor- und Nachläufe. In der Anfangsphase sind die Renditen für die festverzinslichen Papiere gestiegen. Erst viel später, also ein Jahr später, hat die EZB mit Leitzinserhöhungen begonnen. Die EZB hat dann innerhalb kurzer Zeit die Leitzinsen weit hochgezogen. Auf aktuell 4,50%. Viel weiter als die aktuellen Renditeniveaus der Staatsanleihen aus der EUROZONE. Die Leitzinsen haben sozusagen die Bondrenditen überholt. Jetzt können die Bondrenditen nachziehen, falls die Marktteilnehmer erwarten, dass die EZB die Leitzinsen weiter erhöhen wird. Oder der wirtschaftliche Crash, auf den das System zusteuert, veranlasstdie EZB die Leitzinsen wieder zu senken? Vergessen Sie das aber, solange die Inflationszahlen hoch bleiben.

Was man aber sagen kann ist, dass dieses POTENTIAL für Zins- bzw. Renditeerhöhungen am Bondmarkt/festverzinsliche Wertpapiere bereits da ist, weil es von der EZB SCHON GESCHAFFEN wurde. Die Leitzinsen sind im Vergleich zu den Geldmarkt- und Bondrenditen relativ hoch. Es muss nur eine „Aufholjagd" beginnen und schon steigen die Marktzinsen (gut, 10jährige italienische Staatsanleihen ausgenommen, denn die haben den Hauptrefinanzierungssatz schon zügig im Rennen überholt, gerade in den letzten fünf Handelstagen). Erhöht die EZB beispielsweise den Leitzins auf 5,0% werden die Bondrenditen wohl nachziehen. Und 3,1% oder 3,2% Rendite für eine zehnjährige deutsche Bundesanleihe sind in langen historischen Vergleichen immer noch niedrig.

Nicht der Bondmarkt ist im Moment in der Vorreiterrolle, es ist die EZB.

Mit dem Hauptrefinanzierungssatz über „Hauptrefinanzierungsgeschäfte" stellt die Zentralbank zum genannten Zinssatz den Banken Geld zur Verfügung. Mit der Einlagefazilität aber können Banken bei der Zentralbank kurzfristig nicht benötigtes Geld parken.

https://de.wikipedia.org/wiki/Einlagefazilit%C3%A4t

Der aktuelle Zinssatz der Einlagefazilität beträgt 4,0%

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/201162/umfrage/entwicklung-des-ezb-zinssatzes-fuer-die-einlagefazilitaet-seit-1999/

Das ist einerseits ein gutes Geschäft für die Banken, andererseits "kleben" an diesem Satz die Geldmarktzinsen. Erhöht sich dieser Satz sollte sich auch das Geldmarktniveau erhöhen. Damit dürften sich auch die Zinsen für Tages- und Festgelder bei der Hausbank erhöhen.

Es steckt also (Zinssteigerungs-) POTENTIAL im Markt, denn die Geldmarkt- und Bondrenditen notieren unterhalb des Leitzinsniveaus der Europäischen Zentralbank. Die Zinsen bzw. Renditen können steigen, ohne dass die Zentralbank eine Entscheidung trifft. Es genügt eine hohe veröffentlichte Inflationszahl und schon geht die Post nach oben ab.

Die EZB macht das aber ganz raffiniert, da sie sozusagen eine „zu erreichende" Obergrenze festgelegt hat. Würden die Geldmarkt- und Bondrenditen über das Niveau der Leitzinsen (als Obergrenze) steigen, müsste die EZB nachziehen. In diesem Falle entsteht kein Potential (denn ein „Potential" kann nur die Zentralbank schaffen) sondern ein Zwang, ein Druck, die Leitzinsen zu erhöhen, weil die Geldmarkt- und Bondrenditen schon gestiegen sind. Und das alles nur wegen primär anhaltend hohen Inflationszahlen. Allerdings erschaffen auch weitläufige Kreditausfälle weiteren Zinserhöhungsdruck. Und Verschlechterungen in der Bonität der Schuldner, gerade der „Bundesrepublik Deutschland", würden den Markt von der Rating-Seite her belasten.

Ganz neutral betrachtet bewegen wir uns in einem Umfeld mit steigenden Zinsen. Und zwar weltweit. Im Moment geht es eher etwas entspannt zu, aber die Zinsen bzw. Renditen steigen bekanntlich schneller als das sie fallen. Die Kurse der Papiere fallen und es gilt „die Baisse nährt die Baisse". Das ist so eine Art Gruppendynamik: fallende Kurse führen zu Verlusten, die man irgendwann einmal begrenzen muss. Durch den Verkauf der Papiere mit Verlusten führt dieser Verkauf zu weiter sinkenden Kursen und weiteren Verlusten.

Gerade am Aktienmarkt kann man dieses Phänomen gut beobachten. Die Aktienkurse sinken immer weiter und weiter bis ein Stillstand eintritt. Die wenigsten bemerken diesen Stillstand und dann beginnen die Kurse sich zu stabilisieren und leicht zu steigen. Ich selbst habe die Erfahrung gemacht, dass man dieses „Phänomen" mit ganz einfachen charttechnischen Modellen und Indikatoren erkennen und messen kann. Ausgeprägte Wendungen sind für den deutschen Aktienmarkt (und seither für den DAX in einem langfristigen Aufwärtstrend) im April 2003 und April 2009 erkennbar. In dieser Ausprägung folgte dann bis heute nichts mehr.

Die Aktienmärkte sind im Moment ein heißes Eisen, denn die Zinsen steigen. Zinssteigerungsphasen schöpfen ganz einfach Liquidität ab, die die Aktienmärkte brauchen. Natürlich wurden die letzten 15 Jahre seit Lehman Brothers unglaubliche Summen an Liquidität in die Märkte gepumpt, dies aber zu niedrigen Zinsen. Irgendwann ist aber die Schwelle erreicht, wenn erstens die Zockerkredite zu teuer werden und zweitens die Aktienkurse auf hohem Niveau stagnieren. So wie jetzt. Und auch hier gilt: „Die Aktienkurse fallen schneller als das sie steigen" und „Die Baisse nährt die Baisse".

Ein weltweiter Aktiencrash wird eine Herausforderung für die Zentralbanken. Soll man die Leitzinsen schnell und tief senken um Liquidität in die Märkte zu pumpen oder wäre das kontraproduktiv? Man wird dann auf die Währungen und deren Kurse schauen. Von dieser Seite aus wird es schwierig. Sind US-Dollar und EURO überhaupt noch zu retten? Bricht dann die EUROZONE auseinander? Die Fragen darf man durchaus stellen. Wer aber zum Beispiel als Aktionär nichts im Vorfeld tut ist selbst Schuld. Das POTENTIAL wäre da. Dieses Potential hat enorme Macht und Auswirkungen.

Zinssenkungsphasen bereiten den Massen stets Freude, in Zinserhöhungsphasen gibt es Opfer. Und wenn Politiker aus der EUROZONE einmal davon reden, man solle Gold und Fremdwährungen aller Art zur Stabilisierung des EUROs verkaufen, denken Sie an die Türkei. "Opfer gesucht", denn im System werden immer Opfer gebraucht. Schon seit Jahrtausenden. Was für die einen der Verlust ist für die anderen der Gewinn. Man sollte das im Besitz haben, was selbst die Autorität am meisten schätzt: Gold und Silber. Die bringen zwar keinen Zins, aber garantiert WERTERHALT.

Nachtrag: seit etwa fünf Handelstagen und dem 22. September sehen wir bei 10jährigen Staatsanleihen auffällige Renditeerhöhungen. Gleichzeitig fallen die Aktienkurse. Es ist so aus, als würde jetzt das Potential ausgeschöpft. In diesem Falle gehen sowohl die Aktienkurse als auch die Kurse für festverzinsliche Papiere zurück. Das sollte volkswirtschaftstheoretisch nicht vorkommen, ist aber in der Praxis so.