Thomas Bachheimer
Stellt euch vor, nach einer langen Party von dreißig Jahren, bei der die Nullzinspolitik der DJ war, beschließt die Bank von Japan (BoJ) plötzlich, die Musik leiser zu drehen. Eine winzige Zinserhöhung mag auf den ersten Blick unscheinbar wirken, aber sie ist wie das Licht, das in einem dunklen Raum plötzlich angeknipst wird, nachdem alle sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Es ist der Moment, in dem alle blinzeln und sich fragen: "Was passiert hier eigentlich?" und einige wenige sich erinnern „Mama told me not to come"
Die große Enthüllung
Diese kleine Zinserhöhung ist wie ein Symbol, das sagt: "Oida, heast, vielleicht haben wir uns ein bisschen verlaufen im Land der ewigen Nullzinsen." Es ist ein zaghafter Schritt weg von der unseligen Gelddruck-Orgie, die Japan seit den 90ern am Laufen gehalten hat – eine Party, auf der die Inflation offensichtlich nie eingetroffen ist, egal wie sehr sie auch eingeladen war.
Was soll das Ganze bewirken?
Kurzfristig wird diese Zinserhöhung ungefähr so viele und hohe Wellen schlagen, wie ein Stein, der ins japanische Meer geworfen wird. Aber langfristig? Vielleicht ist es der erste Hinweis darauf, dass Japan es satt hat, der merkwürdige Onkel unter den großen Wirtschaftsmächten zu sein, der immer nur dasselbe alte Lied singt. Eine Normalisierung der Zinsen könnte bedeuten, dass Japan endlich wieder bereit ist, wieder mit den ganz Großen zu spielen – oder zumindest zu versuchen, nicht mehr der merkwürdigste Spieler am Tisch zu sein.
Die Nullzins-Nostalgie
Was sollte eigentlich das ganze Experiment mit den Nullzinsen? Man könnte sagen, es war ein bisschen wie der Versuch, mit einem Papierschiffchen den Pazifik zu überqueren. Es war mutig, es war anders, und es hat irgendwie funktioniert, solange das Wetter mitspielte. Aber am Ende war es vielleicht nicht die beste Idee. Japan hat sich in eine Ecke manövriert, in der es auf seine eigene Bevölkerung als Bank angewiesen war, weil – samma uns amal ehrlich - wer sonst würde einem Land mit einer Schuldenquote, die aussieht wie eine Telefonnummer, Geld leihen?
Krokodil aus dem Zylinder?
Und dann ist da noch die globale Szene. Japan hat mit seiner Nullzinspolitik vielleicht einige Trends gesetzt - oder zumindest anderen Zentralbank-Magiern gezeigt, wie man es nicht machen sollte. Aber was bedeutet das alles in einer Welt, in der Zentralbanken langsam (aber nun endlich doch) erkennen, dass ihre Zauberstäbe vielleicht doch nicht so lang und stark sind, wie sie dachten? Vielleicht ist es überhaupt an der Zeit, das Zauberbuch ganz neu zu schreiben, denn der Hase ist letztens immer öfter im Zylinder steckengeblieben und stattdessen das Inflationskrokodil herausgesprungen
Zeit für eine neue Party?
Diese Zinserhöhung ist vielleicht nur ein Flüstern im Wind, aber es könnte das Flüstern sein, das eine neue Richtung vorgibt. Eine Richtung, in der Japan vielleicht -aber a nur vielleicht- versucht, aus dem Schatten seiner eigenen Wirtschaftspolitik zu treten und zu sagen: "Hey, wir sind immer noch hier. Und wir haben vielleicht ein paar neue Tricks gelernt.", oder eben nicht. Die Zeit, die BIP-Entwicklung und die Schuldenquote werden es zeigen. Eines aber ist sicher: Die Zeiten, in denen Zentralbanken wie magische Geldfeen angesehen wurden, neigen sich dem Ende zu. Anstatt der Geldfee kommen der strauchelnde Alchemist bzw. sich selbst weg zaubernde Magier zutage. Sayonara in der Realität – sie ist nicht immer schön, aber wenigstens ist sie interessant – zumindest für jene, die nicht mehr allen geldpolitischen Märchen Glauben schenken wollen.
Lektionen aus dem Land der aufgehenden Schulden
Nun ist's halt wirklich an der Zeit, eine wichtige Frage zu stellen: Was, wenn all die schlauen Köpfe in den Zentralbanken eigentlich nur mit einem sehr komplexen Sandkasten spielen? Japans Experiment hat gezeigt, dass die Kontrolle über die Wirtschaft vielleicht mehr einer Kunst gleicht, bei der man hofft, dass die Farben nicht verlaufen, als einer exakten Wissenschaft. Die Lektion hier? Zinsraten sind nicht nur Zahlen, die man nach Lust und Laune einstellen kann, ohne dass die Partygäste (auch bekannt als die Wirtschaft) sich irgendwann fragen, ob der Gastgeber (die Zentralbank) eigentlich einen Plan hat.
Der Vorhang fällt – oder auch nicht
Also, was nun? Japan macht einen zaghaften Schritt Richtung Ausgang der Nullzinsparty, aber ist das der Anfang vom Ende oder einfach nur ein kurzes Innehalten, bevor die nächste Runde Tiefzins-Sake serviert wird? Die Wahrheit ist, niemand weiß es so genau. Vielleicht ist es an der Zeit, dass wir alle endlich ein bisschen demütiger werden, was unsere Fähigkeit angeht, die Wirtschaft mit den Hebeln der Geldpolitik zu steuern. Bachheimer.com hat dies seit seinem Bestehen eingemahnt, aber auf uns hört jo kana – obwui s'uns lesen.
Fazit: Die Party ist vorbei... Vielleicht
Diese kleine Zinserhöhung könnte also mehr sein als nur eine Fußnote in den Geschichtsbüchern. Sie könnte das von den Vernünftigen auf dem Erdenrund langersehnte Ende der "Geld drucken macht alles besser"-Mentalität signalisieren. Oder auch nicht. Im Land der aufgehenden Sonne (und der schwindelerregenden Schuldenquoten) ist alles möglich. Aber eines ist sicher: Die Zeiten, in denen man dachte, Zentralbanken könnten mit genügend Willenskraft und einer Notenpresse Wirtschaftswunder vollbringen, werden sich dem Ende zuneigen. Es ist Zeit, den Konfetti-Regen zu stoppen und vielleicht, nur vielleicht, einen realistischeren Blick auf das ganze Spektakel zu werfen.