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7 Minuten Lesezeit (1362 Worte)

Trump und der Panamakanal

Trump und der Panamakanal

von Dr.Dr. Heinz-Dietmar Schimanko


Pro Jahr benutzten bislang rund 14.000 Schiffe den Panamakanal (Simone Müller, Panamakanal: Die größte Abkürzung der Welt, Geolino 04.04.2024). Das hat einen guten Grund.

Die wirtschaftliche Bedeutung

"Der Panamakanal ist eine etwa 82 Kilometer lange Wasserstraße durch Panama und verläuft durch die schmalste Stelle Mittelamerikas. Er wird von vielen wichtigen Schiffsrouten genutzt, weil er den Atlantischen Ozean mit dem Pazifischen Ozean verbindet. Dadurch sparen Schiffe eine rund 15.000 Kilometer lange Umrundung von Südamerika.

Die Breite des Kanals beträgt überall mindestens 150 Meter und die Tiefe ca. 12-14 Meter. Es können also zwei Schiffe der sogenannten Panamax-Klasse (294 m lang, 32 m breit, 12 m tief) den Kanal zeitgleich durchqueren. Sie benötigen für eine Durchquerung des Kanals in der Regel zwischen 8 und 12 Stunden. Schleusen im Kanal heben die Schiffe auf eine Höhe von etwa 26 Metern über dem Meeresspiegel. Dadurch können sie die unterschiedlichen Wasserstände auf beiden Seiten des Kanals überwinden. Für den Betrieb der Schleusenanlagen wird Wasser aus dem Miraflores–See und dem Gatúnsee genutzt.

Der Bau des Panamakanals wurde bereits 1881 begonnen. Ursprünglich versuchten die Franzosen den Kanal zu bauen, indem sie die bergige Landschaft Panamas sprengten und ausgruben. Doch das Vorhaben scheiterte aufgrund von Erdrutschen, technischer Schwierigkeiten, Krankheiten und des extremen Klimas. Tausende Arbeiter starben und das Projekt wurde 1889 aufgegeben. Schließlich übernahmen die USA den Bau des Panamakanals. Sie entwickelten ein innovatives Schleusensystem. Dieses System hebt die Schiffe auf den Gatún-See im Zentrum des Kanals und senkt sie auf der anderen Seite wieder ab. Der Kanal wurde 1914 schließlich erfolgreich eröffnet. Er gilt seither als eine der bedeutendsten Verkehrsverbindungen der Welt.

Der Panamakanal ist für Panama eine bedeutende Einnahmequelle und wirtschaftliche Stütze, die dem Land jährlich Milliarden von Dollar einbringt. Die Gebühren, die Schiffe für die Durchquerung des Kanals zahlen, variieren stark. Sie können je nach Größe und Ladung des Schiffs von einigen Zehntausend bis hin zu über 1 Million Dollar reichen. Zudem ist der Betrieb des Panamakanals ein großer Arbeitgeber in der Region. Rund 8.000 Mitarbeiter sind für den Kanalbetrieb zuständig.

Damit auch noch größere Schiffe den Panamakanal durchqueren können, wurde er im Jahr 2016 erheblich erweitert. Diese Erweiterung umfasste den Bau neuer, breiterer Schleusen und tieferer Wasserwege. Der Ausbau hat den Kanal für den Welthandel noch wichtiger gemacht, indem er seine Kapazität und Effizienz stark erhöhte."

(Quelle: Studyflix, https://studyflix.de/erdkunde/panamakanal-8319).

"Nach dem Umbau konnte auf dem Kanal die doppelte Menge an Gütern transportiert werden – bis zum Sommer 2023. Seitdem trocknet eine Dürre den Gatún-See aus, mit dessen Wasser die neuen Schleusen eigentlich gefüllt werden. Weil das nun fehlt, passierten Ende des Jahres täglich nur noch 18 Schiffe den Panamakanal."

(Simone Müller, aaO).

Möglicher Griff nach dem Kanal

Der designierte Präsident Donald Trump überlegt, den Panamakanal wieder unter die Kontrolle der USA zu bringen. Er moniert die hohen Durchfahrtsgebühren. Außerdem befürchtet er einen steigenden Einfluß Chinas auf die Verwaltung des Kanals (Panamakanal: Trump droht mit Rückübernahme der Wasserstraße, Deutsche Welle 22.12.2024).

Bei aller kritischer Betrachtung des US-Imperialismus ist zu berücksichtigen, daß die USA den Kanal gebaut haben und ihn bis 1999 gemeinsam mit dem Staat Panama verwaltet haben.

Wenn die USA die Kontrolle über den Kanal wiedererlangen, bevor andere Mächte ihn kontrollieren, schützen sie damit ihre Investition und sichern ihre wirtschaftlichen Interessen.

Panama – Ergebnis einer US-Intervention

"Die französische Panama-Gesellschaft war 1879 von dem Ingenieur Ferdinand de Lesseps, dem Erbauer des Suezkanals, gegründet worden, ging jedoch schon am 4. Februar 1889 bankrott. Als der Kanalbau 1881 in Panama begann, stellte sich heraus, dass die Baukosten viel zu niedrig veranschlagt worden waren und der französische Staat nicht bereit war, für die Mehrkosten aufzukommen.

Unter Präsident Theodore Roosevelt verhandelten dann die USA mit der kolumbianischen Regierung über die Baugenehmigung für einen Panamakanal. Doch weil Kolumbien aus US-amerikanischer Sicht zu hohe Gebühren für die Baugenehmigung verlangte, entschlossen sich die USA, einen Putsch der panamaischen Separatistenbewegung zu finanzieren.

Ihr Ziel war ein kleines, formal selbstständiges Panama, das schwach war. Damit konnten sich die Vereinigten Staaten als Schutzmacht präsentieren und proklamieren, die Unabhängigkeit Panamas zu garantieren, wenn man sie den Kanal bauen ließe und ihn für 100 Jahre an die USA vermieten würde.

Das Ergebnis dieses Handels war die Unabhängigkeitserklärung Panamas am 3. November 1903 und die Gründung eines neuen Staates unter dem Schutz der USA. Am 6. November des gleichen Jahres erkannten die Vereinigten Staaten die Republik Panama an und am 18. November wurde der Hay-Bunau-Varilla-Vertrag mit Panama unterzeichnet, der den Vereinigten Staaten den ausschließlichen und dauerhaften Besitz der Panamakanalzone zusprach.

Im Gegenzug erhielt Panama eine einmalige Summe von 10 Millionen Dollar und eine Jahresrente von 250.000 Dollar, die neun Jahre später beginnen sollte. Im Jahre 1903 kauften die USA die französische Bauruine und am 15. August 1914 passierte mit dem Dampfer S.S. Ancon das erste Schiff den Kanal."

(Quelle: Christoph Jehle, Dürfen die USA den Panamakanal erneut besetzen?, Telepolis 24.12.2024)

Seit den 1960er Jahren kam es wiederholt zu Aufständen von Panamaern. Im Jahr 1977 erfolgte unter US-Präsident Jimmy Carter eine Neuordnung, die in den USA innenpolitisch sehr umstritten war (Gebhard Schweigler, Jimmy Carter, in Christof Mauch (Hrsg.), Die Präsidenten der USA, München 2018, 417f).

"Nach jahrelangen Verhandlungen über einen neuen Vertrag zum Panamakanal einigten sich die USA und Panama dann im Jahre 1977. Der am 7. September 1977 unterzeichnete Vertrag erkannte Panamas territoriale Souveränität über die Kanalzone an, gab den USA jedoch das Recht, den Kanal bis zum 31. Dezember 1999 weiter zu betreiben.

Gleichzeitig mit der Anerkennung der territorialen Souveränität hatte Präsident Carter mit dem panamaischen Präsidenten Torrijos einen Neutralitätsvertrag unterzeichnet, der die permanente Neutralität des Kanals garantierte und den Vereinigten Staaten das Recht gab, bei Bedarf militärische Gewalt anzuwenden, um den Kanal offenzuhalten."

(Christoph Jehle, aaO)

Frühere Militärintervention der USA

Die Idee, US-amerikanische Interessen in Panama militärisch durchzusetzen, ist freilich nicht neu.

"Am 20. Dezember 1989, kurz nach Mitternacht um 0:46 Uhr schlug in Panama-Stadt die erste Rakete ein. Sie traf das Hauptquartier des Diktators General Manuel Antonio Noriega. Inmitten der Flammen forderte ein US-Offizier über Megafon die panamesischen Elitetruppen auf, sich zu ergeben und ihren Chef auszuliefern:

,We ask you to surrender. If you do not, we are prepared to level each and every building.'

Als eine Reaktion ausblieb, machte die US-Armee aus ihrer Drohung ernst und bombardierte von Kampfflugzeugen und -hubschraubern aus die Kasernengebäude in dem Armenviertel Chorrillo. Dazu kam schwerer Artilleriebeschuss, bis ganze Straßenzüge in Flammen standen. In den frühen Morgenstunden, während 24.000 US-Soldaten in ganz Panama einmarschierten, wandte sich Präsident George Bush senior zuhause in den USA über Fernsehen und Radio an die amerikanische Nation:

,Liebe Mitbürger, letzte Nacht habe ich US-Militär nach Panama beordert. Keinem Präsidenten fällt so etwas leicht.'

Bush begründete die Panama-Invasion, die den PR-Namen ,Operation Gerechte Sache' trug, folgendermaßen:

,Die Ziele der USA bestehen darin, das Leben von US-Bürgern zu schützen, die Demokratie in Panama zu verteidigen, den Drogenhandel zu bekämpfen und die Unversehrtheit des Panamakanalvertrags zu wahren. Es gab viele Versuche, die Krise mit Diplomatie und Verhandlungen zu lösen. All dies scheiterte am Diktator von Panama, General Manuel Noriega, einem angeklagten Drogenhändler.' "

(Quelle: Max Böhnel, „Keinem Präsidenten fällt so etwas leicht.", Deutschlandfunk 20.12.2009)

Daß Noriega Drogenhändler war, hatte die USA allerdings nicht gestört, solange er für die CIA nützlich gewesen war (dazu näher Tim Weiner, CIA – Die ganze Geschichte, Frankfurt am Main, 8. Auflage 2021, 553ff). Noriega hatte sogar gemeinsam mit den Contras Nicaraguas, die von den USA beim Kampf gegen die linken Sandinisten Nicaraguas unterstützt wurden, Drogenhandel betrieben.

Fehlerkorrektur ?

Sollte Trump nun die Dominanz der USA über den Panamakanal wiedererlangen, dann könnte das aus der Sicht der USA so gewertet werden, daß er damit nur einen Fehler seines Amtsvorgängers Jimmy Carter korrigiert, der in kurzsichtiger Weise die US-Kontrolle über den Kanal terminisiert hatte, um ein antiimperiales Zeichen zu setzen (Gebhard Schweigler, aaO). Trump würde damit für die USA nachteilige Wirkungen linker Symbolpolitik ausbügeln.

Der Grund dafür könnte in einer Gefährdung der vereinbarten Neutralität des Kanals bestehen.

"Jene, die nur durch Zeichen wirken, sind Pedanten, Heuchler und Scharlatane. Es sind ihrer Viele, und es ist ihnen Wohl zusammen. Ihr beharrliches Geschwätz hindert den Schüler, und ihre Mittelmäßigkeit ängstigt die Besten."

(aus Johann Wolfgang von Goethe, Wilhelm Meisters Lehrbrief)