Thomas Bachheimer
Die Sanktionen gegenüber der Russischen Zentralbank auf Grund der Ukrainekrise haben zu atemberaubenden Entwicklungen in den BRICS-Staaten geführt. Diese Entwicklungen finden Ihren Höhepunkt in der BRICS-Jahreskonferenz, welche vom 22. – 24. August in Durban, Südafrika stattfinden wird.
Die Bedeutung dieser Konferenz widerspiegelt sich in der Tatsache, dass der französische Präsident Emanuel Macron, der ja an und für sich so gut wie gar nichts mit dieser Wirtschaftsorganisation zu tun hat, daran teilnehmen wollte. Dieses Ansinnen wurde freilich abgelehnt, aber quasi als Trost erhielt er am 16. Juni einen Staatsbesuch des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salam.
Im Allgemeinen wird erwartet, dass jene 8 Länder, die Ihr Beitrittsgesuch zur Wirtschaftsorganisation bereits abgegeben haben, auch offiziell aufgenommen werden. Diese Länder sind:
- Argentinien
- Bahrain
- Ägypten
- Indonesien
- Iran
- Saudi-Arabien
- Vereinigten Arabischen Emirate
Liest man sich die Namen der Beitrittskandidaten durch, kann man erahnen, welcher Gigant sich hier formieren könnte. Ein Gigant, der ganz offen die Dominanz des US-Dollars im internationalen Handel verringern bzw. brechen könnte. Trotz aller Rohstoffe, die sich in den „alten" und auch neuen Ländern befinden, hat BRICS+ ein Problem. Keines dieser Länder verfügt über ein Währungssystem mit einer hochentwickelten Finanzarchitektur, welches vonnöten wäre, um die Herausforderungen zu meistern, die für ein erfolgreiches Führen dieses Bündnisses vonnöten wäre, bzw. mit dem US Dollar wirklich konkurrieren könnte.
Deshalb gehen internationale Beobachter auch davon aus, dass BRICS+ bei dieser Konferenz ein neues Abrechnungssystem unterbreiten werden, welches nach und nach zu einer vollständigen Weltwährung ausgebaut werden sollte, um mit dem derzeitigen Hegemon konkurrieren zu können.
Der renommierte „Auskenner" James Rickards spricht sogar von der Möglichkeit, dass diese BRICS+ Währung sogar eine Goldanbindung haben könnte um internationales Vertrauen in das geplante Währungssystem zu generieren. (Wir haben bereits darüber berichtet und bringen auch in dieser NL-Ausgabe einen weiteren diesbezüglichen Beitrag von James Rickards.
Warum die Gelassenheit der USA?
Nicht nur wir in der b.com-Redaktion sondern auch Beobachter aus aller Welt wundern sich, wie scheinbar stoisch gelassen die Amerikaner diese Entwicklungen hinnehmen. Hat man bisher den Status als einzige Welt-Reservewährung stets verteidigt, bzw. diverse Avancen zur Bildung einer Alternative stets im Keim erstickt, so gab es bisher so gut wie keine Reaktion aus den USA – es herrscht unheimliche Ruhe. Werden die USA diese Entwicklungen rund um ihre Ablöse als Währungshegemon einfach so hinnehmen und wenn ja, warum?
Zum einen könnte diese scheinbare Hinnahme natürlich an der gigantischen Faktenlage rund um Rohstoffvorkommen, Wirtschaftswachstum und Visionen liegen, zum anderen aber könnte es auch am natürlichen Alterungsprozess mit den damit einhergehenden Problemen einer Welt-Reservewährung liegen.
Triffins Dilemma
Triffins Dilemma, benannt nach dem belgisch-amerikanischen Ökonomen Robert Triffin, beschreibt ein Dilemma, das mit der Verwendung einer nationalen Währung als Reservewährung verbunden ist. Es entsteht, wenn eine Währung sowohl als nationales Zahlungsmittel als auch als internationale Reservewährung verwendet wird.
Das Dilemma liegt in einem grundlegenden Zielkonflikt: Eine Reservewährung muss ausreichend verfügbar sein, um die globale Nachfrage nach internationalen Transaktionen und Investitionen zu erfüllen. Gleichzeitig muss die nationale Zentralbank die Inflation kontrollieren und die heimische Wirtschaft stabil halten. Dies führt zu einer inhärenten Spannung.
Um die globale Nachfrage nach Reservewährungen zu erfüllen, muss das Land mit der Reservewährung seine Währung exportieren. Das bedeutet, dass es permanentes Leistungsbilanzdefizit haben muss, da es mehr Währung in den Rest der Welt exportiert als es importiert. Dies kann jedoch zu einer Verschuldung des Landes führen, da es ständig Zahlungsbilanzdefizite aufrechterhalten muss. Und dies beweist die Wirtschaftsentwicklung der USA in den letzten 10 Jahren. Es wurde mehr konsumiert, denn produziert – das hält keine Volkswirtschaft über mehrere Jahrzehnte durch.
Die Folgen dieses Dilemmas sind vielfältig. Einerseits kann eine Überbeanspruchung der Reservewährung zu Inflation und Abwertung führen, was die Kaufkraft der Bürger des Landes beeinträchtigt. Andererseits können Maßnahmen zur Bekämpfung der Inflation, wie Zinserhöhungen, die globale Liquidität einschränken und zu wirtschaftlichen Problemen in anderen Ländern führen.
Triffins Dilemma verdeutlicht somit die strukturellen Herausforderungen, die mit einer Reservewährung einhergehen. Es wirft die Frage auf, ob eine einzige nationale Währung die globalen Anforderungen an Stabilität und Liquidität erfüllen kann oder ob alternative Mechanismen und Systeme erforderlich sind, um diese Herausforderungen anzugehen.
War die Kettenreaktion nach den Sanktionen beabichtigt?
Und genau in diesem Dilemma der USA könnte diese Ruhe und Gelassenheit begründet sein. Eventuell hat man in Washington erkannt, dass ein weiteres Jahrzehnt als Weltleitwährung nicht nur die USA selbst sondern auch die „Restwelt" in den Abgrund stürzen könnte, was wiederum Anlass zu einer sehr gewagten Spekulation gibt.
Hat man die Sanktionen gegenüber der Russischen Zentralbank absichtlich derart plump* erlassen, weil man mit einer solchen oder ähnlichen Reaktion der BRICS-Staten gerechnet hat?
*Ich möchte an dieser Stelle nicht verhehlen, dass die b.com Redaktion vom ersten Tag der Sanktionen an über mögliche Entwicklungen in den BRICS berichtet hat und wir uns immer wieder gefragt haben, warum man einen derartigen Weg geht, wenn doch für jeden klar sein müsste, dass diese Sanktionen das Ende der westlichen Währungsdominanz bedeuten würde.
Hat man also so das nahende Ende bewusst und kontrolliert eingeleitet um den Staffelstab der Weltwährung unauffällig weiter zu geben bevor Triffins-Dilemma schlagend werden würde, und hat man gleichzeitig dafür gesorgt, dass man eine gute Ausrede bzw. sogar einen vermeintlichen Auslöser für das Ende der Währungsdominanz (Putin) gefunden hat?
Schon klar, dass ist eine Spekulation, die sehr verschwörungstheoretisch anmutet, aber die Faktenlage und die so auf den ersten Blick nicht zu erwartende Gelassenheit in Washington könnten dieser Theorie Substanz verleihen. Für einen spannenden Sommer ist gesorgt.