Zahlentechnischer Ökopopulismus
Der Alpenökonom
Kaum eine Woche vergeht, dass nicht irgendeine Studie erscheint, die vom massiven Anstieg der Schäden infolge von Naturkatastrophen wie Wirbelstürmen, Fluten oder Waldbränden berichten. Dieser Anstieg der Schadenssumme wird dann gerne dem Klimawandel in die Schuhe geschoben, näherhin dem menschengemachten Klimawandel. Ausgaben zur Bekämpfung des anthropogenen Klimawandels werden dann mit Verweis auf die bereits hohen – und künftig noch weiter steigenden – Schadenssummen gerechtfertigt. Doch steigen die Schadenssummen tatsächlich so stark?
Anhand der Schäden infolge von Wirbelstürmen in den USA soll die Komplexität dieser Fragestellung beleuchtet und die Behauptung von (stark) steigenden Schadenssummen als zahlentechnischer Ökopopulismus enttarnt werden.
Derartige Langfristvergleiche haben nämlich mit erheblichen Problemen zu kämpfen. Unmittelbar einsichtig ist, dass die Erhebung der Daten heutzutage mit der Datenerhebung vor 20, 50, 100 oder gar noch mehr Jahren nur schwer zu vergleichen ist.
Unmittelbar einsichtig ist auch, dass die Nominalbeträge um die Geldentwertung bereinigt werden müssen. 100 Euro heutzutage haben eine andere, geringere Kaufkraft als noch zum Zeitpunkt der Einführung des Euro. Ein Schaden in der Höhe von 100 Euro hat heute dieselbe reale Kaufkraft wie ein Schaden von rund 55 Euro vor fast einem Vierteljahrhundert. Geht man 50 Jahre zurück, sind es nur mehr 22 Euro. Anders gesagt: Wenn sich im Vergleich zu vor 50 Jahren die Schadenssumme nominell knapp verfünffacht, hat sie denselben realen Wert wie eine Schadenssumme von heute 100 Euro. Die Unwetterschäden steigen schon allein deswegen, weil das Geld fortlaufend weniger wert wird.
Diese – inflationsbereinigende – Korrektur wird gewöhnlich vorgenommen. Doch damit ist noch lange nicht eine Vergleichbarkeit hergestellt.
Erstens muss das reale Wirtschaftswachstum berücksichtigt werden. In einem Haushalt, in einem Betrieb, in dem es mehr und/oder real wertvollere Gegenstände als zu früheren Zeiten gibt, verursacht ein Wirbelsturm der exakt selben Stärke an exakt derselben Position höhere Schäden als vor 10, 20 oder gar 100 Jahren.
Zweitens muss auch die höhere Bevölkerungsdichte in Betracht gezogen werden. Aufgrund des markanten Bevölkerungswachstums und der deutlich gestiegenen Wohnfläche pro Kopf kann ein- und derselbe Wirbelsturm heutzutage deutlich mehr Schäden verursachen, schlicht weil eine größere Fläche verbaut ist.
Die folgende Abbildung aus der lesenswerten Studie „Welfare in the 21st century: Increasing development, reducing inequality, the impact of climate change, and the cost of climate policies" des bekannten dänischen Statistikers Bjorn Lomborg verdeutlicht diese Problematik – mit einem überraschenden Ergebnis.
Die linke Abbildung gibt die Entwicklung der inflationsbereinigten Schäden von Wirbelstürmen in den USA, die auf Land getroffen sind, wieder. Unzweifelhaft ist ein Aufwärtstrend zu erkennen, selbst inflationsbereinigt.
Der rechte Chart bildet exakt dieselben Schadensfälle ab, allerdings zusätzlich bereinigt um die Veränderungen der Nutzung des Grund und Bodens. Der rechte Chart zeigt also die Schadenssummen an, die bei einer über die vergangenen 120 Jahre konstanten Besiedelung mit konstantem realen Wohlstand auf den von Wirbelstürmen betroffenen Flächen angefallen wären. So wie die Inflationsbereinigung die Verzerrung der Geldentwertung aus den Daten herausfiltert, wird in der rechten Abbildung die Veränderung der Nutzung der besiedelten Fläche herausgefiltert.
Und siehe da: Der Aufwärtstrend der linken Abbildung verschwindet vollständig. Anders gesagt: Der Anstieg der realen Schadenssumme ist ausschließlich auf den höheren materiellen Wohlstand und die wesentlich stärkere Besiedelung der von Wirbelstürmen betroffenen Flächen zurückzuführen, nicht aber auf eine vermeintliche größere Wucht oder höhere Frequenz von Wirbelstürmen.
Einen anschaulichen Vergleich bietet auch diese Gegenüberstellung von Miami Beach 1925 vs. 2017. 1925 konnte ein Wirbelsturm kaum Schäden anrichten, weil es kaum etwas gab, was zerstört hätte werden können.