Von Redaktion auf Freitag, 23. August 2024
Kategorie: KW 34

Israel im Kampf gegen Guerillakrieger

von Dr.Dr. Heinz-Dietmar Schimanko


Der Krieg im Gazastreifen ist ein hybrider und asymmetrischer Krieg. Es ist daher falsch, an die Kriegsführung der Israelis Maßstäbe eines konventionellen Krieges anzulegen.

Der Einsatz der Israelis hat starke Elemente eines Antiterroreinsatzes.

Signifikant für die Terrororganisation Hamas ist, daß sie aus bewohntem Gebiet im Gazastreifen heraus operiert und sich in und unter zivilen Gebäuden zwischen Zivilpersonen verschanzt. Unter dem Gazastreifen mit einer Größe von etwa 365 Quadratkilometern hat die Hamas ein Tunnelnetzwerk mit einer Ausdehnung von mehr als 720 km in einer Tiefe von bis zu 60m. Die Eingänge in dieses Tunnelsystem befinden sich in zivilen Wohngebäuden, in Schulen, Krankenhäusern und Moscheen. Solche Gebäude verwendet die Hamas auch als Waffen- und Munitionslager.

Die Mehrheit der Bevölkerung des Gazastreifens unterstützt die Hamas. Die Mitglieder der Hamas sind auch schwer von Zivilisten zu unterscheiden. Es bestehen Ähnlichkeiten zum kriegsrechtlich unstatthaften Partisanenkampf.

Die Hamas agiert auch versteckt in der UN-Organisation UNRWA, die sie für ihre Zwecke mißbraucht, unter anderem zur Veruntreuung von Hilfsgeldern und zur Propaganda gegen Israel.

Der Krieg gegen die Hamas ist daher aufwendiger und langwieriger als ein konventioneller Krieg.

Die schiitischen Milizen der Hizbollah im Südlibanon agieren soweit ähnlich wie die Hamas, als sie ein weitverzweigtes Netz von Stollen in den Felsen des Südlibanon haben (Peter Scholl-Latour, Der Fluch der bösen Tat, 8. Auflage 2023, 280). Dazu gehören wie bei der Hamas versteckte Abschußrampen, von denen sie Raketen auf Israels Zivilbevölkerung schießen.

Gerade auch dieses Tunnelsystem der Hizbollah macht es für die israelische Armee und christliche Milizen des Südlibanon schwer, sie zu bekämpfen.

Als Vorbild für ein solches militärisches Tunnelsystem könnte das Tunnelsystem des Vietcong im Vietnamkrieg gedient haben, der den zahlenmäßig und materiell überlegenen USA getrotzt hat.

Der Tunnelkampf ist zu einer Waffe im asymmetrischen Krieg geworden. In Vietnam erweiterten Stollen das Schlachtfeld in die Tiefe, ermöglichten Überraschungsangriffe und schützten die Kämpfer vor den überlegenen Waffen des Gegners (Sven Felix Kellerhoff, Wenn der Krieg in den Untergrund geht, Die Welt 23.06.2021).

„Der Angriff aus der Tiefe hat es möglich gemacht. Er nahm den Südvietnamesen und ihrem Verbündeten, den USA, die Überlegenheit moderner Kriegstechnik. Bombardieren kann man nur Ziele, die man sieht oder wenigstens erahnt. Gegnerische Kräfte angreifen, die sich tief unter der Erde, an unbekannter Stelle formieren? Keine Chance." (Sven Felix Kellerhoff aaO).

Diese Art der Kriegsführung ist nach wie vor ein Mittel, auch einer überlegenen Armee zu widerstehen oder es ihr zumindest sehr schwer zu machen, restlos zu siegen.

Vielleicht wurde diese Art der Kriegsführung im Nahen Osten aus der Einschätzung heraus übernommen, daß arabische Armeen die Israelis nicht besiegen können, wie auch im Umfeld von Ayatollah Khomeini geäußert (Scholl-Latour, aaO 334), jedenfalls nicht in einem konventionellen Krieg.